Dauer-Debatte um Seehofers Islam-Satz

Der Ballon fliegt

von Redaktion

Horst Seehofers Islam-Satz darf man sich vorstellen wie einen knallbunten Luftballon beim Kindergeburtstag: aufregend, schwebend, und innen leer. Ja – leer, denn die Aussage ist völlig banal: Natürlich gehören die bei uns lebenden Muslime längst zu Deutschland, der Islam als Religion und Ideologie ist für diesen Staat aber nicht regelbildend. Reibung erzeugt die Botschaft nur, weil ein Ex-Bundespräsident den Halbsatz zum Islam einst anders formulierte, und weil sich reflexartig die halbe Republik zornig an Seehofers Aussage abarbeitet. Der Luftballon fliegt also, die zweite Woche jetzt schon, und sobald er zu sinken droht, stupst ihn die CSU mit einem „Wir lassen uns die Debatte nicht verbieten“ wieder an.

Mit dem Wirbel um den Satz geht Seehofers Plan auf. Er richtet sich mit seiner Ansage ja weder an die Muslime im Land noch an den schnappatmenden Polit-Betrieb. Er spricht jenen Teil der Bevölkerung an, der die diffuse Angst in sich trägt, durch Zuwanderung, Demografie und gesellschaftlichen Wandel mit einem verschobenen Wertesystem konfrontiert zu werden. Der sich vernachlässigt fühlt von der aktuellen Politik. Der Fremdes nicht automatisch als Bereicherung empfindet. All das muss nicht jeder teilen, aber darf es nicht missverstehen als Ängste, die man in großstädtischer Weltgewandtheit weglächeln kann. Wertkonservative Politik muss solchen Menschen signalisieren, ihre Gedanken ernst zu nehmen, ehe man ihnen Veränderung erklären kann.

Auf Dauer ist dazu eine stark unterkomplexe Islam-Botschaft natürlich zu wenig, sie dient übrigens der Integration der dazu bereiten Muslime auch nicht. Viel spannender wäre ohnehin die Frage, welchen Islam wir in unserem Land wollen. Ob die Regierung weiter intransparente Moscheen-Finanzierung aus dem Ausland duldet, den von Erdogan ferngesteuerten Islamverband Ditib ungestört propagandistisch walten lässt. Ob Imam-Ausbildung und Islam-Unterricht meist ohne Kontrolle bleiben. Dafür ist Seehofer nun großteils mitzuständig. Hoffentlich liefert er so schwungvoll, wie er ankündigt.

Christian Deutschländer

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