Debatte um Herkunft der Minister

Eine Lobby für den Osten

von Redaktion

Es gehört zu den beliebten Reflexen politischer Beobachter, Proporzdenken bei der Besetzung von Posten zu verteufeln. Das gilt vor allem für den Regionalproporz, der beispielsweise bei der Besetzung des bayerischen Kabinetts gerne auf die Spitze getrieben wird. Natürlich stimmt: Erstes Kriterium sollte die Qualifikation eines Bewerbers sein. Doch was passiert, wenn man andere Aspekte außer Acht lässt, kann man inzwischen im Bund gut beobachten, wo man sich seit Jahren nicht um die Herkunft von Ministern zu scheren scheint.

Als bestes Beispiel dient die SPD, deren leitendes Personal immer öfter aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen kommt. Einen bayerischen Minister sucht man seit Renate Schmidt vergebens, inzwischen scheint der ganze Süden der Republik für die Genossen nicht mehr für Spitzenämter im Bund geeignet zu sein. Sollte man sich im Willy-Brandt-Haus einmal wundern, warum sich die Wahlergebnisse der Partei im Süden Schritt für Schritt denen kleinerer Oppositionsparteien annähern – in der einseitigen Personalplanung könnte eine Ursache liegen.

Diese Erkenntnis sollte im Hinterkopf behalten, wer nun die Debatte über fehlende Minister aus Ostdeutschland verfolgt. Gerade weil die ostdeutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Lausitz oder in der sächsischen Schweiz so kritisch gesehen wird, wäre weiteres Personal, das die Interessen der neuen Länder in Berlin vertritt, so wichtig. Diese Regionen fühlen sich schon jetzt vom Wahlkampf abgehängt. Wer sich künftig nicht um sie kümmert, darf sich über AfD-Erfolge nicht beschweren.

Mike Schier

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