Höchste Zeit, dass die nur geschäftsführend amtierende Kanzlerin Angela Merkel in Berlin endlich wieder eine voll handlungsfähige Regierung zustande bringt, damit Deutschland im europäischen Reform-Konzert seine Stimme erheben und den Brüsseler Ansprüchen in Finanzfragen entgegentreten kann. Problem: Mancher jetzt im Nikolauspaket der Kommission versteckten Versuchung würden auch die deutschen Sozialdemokraten gerne erliegen. So meinte Sigmar Gabriel vielsagend, man dürfe jetzt nicht fragen, was das alles kosten werde. Dem Trend zu Vergemeinschaftung und Kontrollverlust beim Geld müssen CDU/CSU also schon bei den Koalitionsverhandlungen den ersten Riegel vorschieben.
Das betrifft vor allem das „Wie“ beim geplanten Umbau der Krisenkasse der Euro-Staaten, des ESM, in einen europäischen Währungsfonds. Der ESM ist eine intergouvernementale Vertragsgemeinschaft, deren hunderte Milliarden nicht in Brüsseler Verfügungsgewalt übergehen dürfen. Hier wird es bei der Ausgestaltung auf Unabhängigkeit ankommen. Nur wer für das Risiko haftet, soll auch über die Verwendung (Bankenrettung?) mitreden dürfen.
Mit Argusaugen sollte Berlin zudem über die Übertragung des Fiskalpaktes in EU-Recht wachen. Die Betonung des „nötigen Maßes an Flexibilität“ lässt die Tür für die Staaten zum Schuldenmachen weit offen. Auch die angekündigten „neuen Haushaltsinstrumente“ für Strukturreformen und Konvergenzförderung klingen verdächtig nach neuem Füllhorn. Nichts gegen Investitionen zur Förderung schwächerer EU-Staaten. Aber bitte gezielt und kontrolliert, nicht mit der Gießkanne. Fazit: Auf die geschwächte Merkel kommen harte Brüsseler Monate zu.
Alexander Weber
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