„Eine Provokation für die Gefühle der Muslime“

von Redaktion

Weltweit fallen die Reaktionen auf Donald Trumps Jerusalem-Entscheidung kritisch aus – manche sehen die Frieden in der Region in Gefahr

München – Die Momente, in denen die Erzrivalen Iran und Saudi-Arabien einer Meinung sind, sind selten bis nicht vorhanden. Aber als gestern durchgesickert war, dass US-Präsident Donald Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen will, ließ es sich nicht mehr vermeiden. Saudi-Arabiens König Salman reagierte empört, sprach von einem „gefährlichen Schritt“ und einer „Provokation für die Gefühle der Muslime weltweit“. Irans Präsident Hassan Ruhani sagte: „Die Muslime müssen gemeinsam gegen diese große Verschwörung stehen.“

Die Beispiele lassen sich beliebig erweitern, denn die weltweiten Reaktionen auf Trumps Entscheidung fielen beinahe einstimmig aus. „Die Bundesregierung unterstützt diese Haltung nicht“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwochabend. Papst Franziskus hatte zuvor tiefe Sorge ausgedrückt. Bei seiner Generalaudienz sagte er, es sei die Pflicht aller, „den Status quo der Stadt zu respektieren“. Jerusalem sei eine „einzigartige Stadt, heilig für Juden, Christen und Muslime (…) und hat eine besondere Berufung zum Frieden“. Auch die christlichen Oberhäupter Jerusalems warnten vor „gesteigertem Hass“ und einem „irreparablen Schaden“.

Wie stark die Entscheidung auf die gesamte islamische Welt wirkt, lässt sich vor allem an den Reaktionen des türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan und des jordanischen Königs Abdullah II. ablesen. „Jerusalem ist die rote Linie der Muslime“, sagte Erdogan und drohte damit, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen. König Abdullah II. sagte: „Jerusalem ist der Schlüssel zu jedem Friedensabkommen und der Schlüssel zur Stabilität der gesamten Region.“ Beide betonten, Trumps Schritt spiele Terroristen und Extremisten in die Hände. Erdogan kündigte für Mittwoch einen Sondergipfel der Organisation für Islamische Kooperation (OIC) an, um ein „gemeinsames Handeln“ der islamischen Länder zu gewährleisten.

Von jüdischer Seite fielen die Reaktionen unterschiedlich aus. Während Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu den Schritt kurz nach Trumps Rede als „historisch“ lobte, kritisierte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, den Zeitpunkt von Trumps Entscheidung. Sie könne „Konsequenzen auslösen, die niemand möchte“ – gerade angesichts der Instabilität der Region.

In den nächsten Tagen wird es darauf ankommen, wie sich die Palästinenser verhalten. Die ersten Reaktionen ließen wenig Gutes erahnen. Der sichtlich aufgebrachte Chefunterhändler Saeb Erekat sah gestern „jegliche Chance auf eine Zwei-Staaten-Lösung zerstört“. Ismail Hanija, Chef der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas, sagte am Mittwochabend. „Das palästinensische Volk weiß angemessen auf die Missachtung seiner Gefühle und Heiligtümer zu reagieren.“ Hanija hatte bereits vorher zu einem neuen Aufstand aufgerufen. Hamas-Vertreter Achmad Bahar sprach von einer „Kriegserklärung“. dpa, kna

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