SPD-Spitze vor Gesprächen mit der Union

Flut von roten Linien

von Redaktion

Man muss ja nicht gleich ins Extrem der Angela Merkel verfallen. Die Regierungschefin hat es geschafft, über Wochen der Jamaika-Sondierungen in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, als ginge es einzig um die Verteidigung ihrer Kanzlerschaft, nicht aber auch um konkrete inhaltliche Markenzeichen und Überzeugungen der CDU, die sie als Parteichefin durchzusetzen hätte.

Die SPD-Führung ist jetzt dabei, den gegenteiligen Fehler zu machen. Hin- und hergeworfen zwischen der Sehnsucht nach einem Rückzug zu innerer Erneuerung einerseits und der tief empfundenen Verantwortung für die res publica andererseits (die plötzlich eine Rückkehr unter Merkels Kuratel zu erzwingen scheint), spuckt die SPD rote Linien wie ein Füllhorn aus. Politische Maximalforderungen, ohne die ein Bündnis mit der Union angeblich nicht infrage kommt. Was den Parteianhang, vor allem die rebellische Jugend, wegen des Kurswechsels heute besänftigen soll, könnte sich morgen als Fallgrube erweisen. Auch wenn die Union bei der Bundestagswahl mit 32,9 Prozent arg gebeutelt wurde: Sie liegt immer noch mehr als 12 Prozentpunkte vor der SPD. Der sozialdemokratische Wunschkalender wird also deutlich zusammenschrumpfen. Die nächste Enttäuschung für die Genossen ist mit der jetzigen Alles-oder-nichts-Strategie programmiert.

Alexander Weber

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