Es war ein Treffen der politisch Untoten: Sigmar Gabriel, abgewählter deutscher Außenminister im Dauereinsatz, und sein Kollege Rex Tillerson, in Washington seit Monaten auf der Abschussliste, machten diese Woche einen fidelen Eindruck. Man könnte unterhaltsame Wetten abschließen, wer sich länger im Amt hält.
Doch die Lage ist ernst: Der Fall Tillerson erinnert die Deutschen daran, dass man – frei nach Christian Lindner – lieber länger mit der alten Truppe weiterregiert als fix eine schlechte ins Amt setzt. Zwischen Tillerson und Donald Trump herrscht Kleinkrieg wie in einer schlechten Vorabendserie. Mal soll der Minister seinen Chef als „Schwachkopf“ bezeichnet haben, dann fordert der Präsident den Minister öffentlich zum IQ-Vergleich auf. Angeblich ein Spaß, behauptet der Humorist Trump.
Übersehen wird bei diesem Klamauk, welcher Schaden im Hintergrund entsteht: Denn der Ex-Manager Tillerson hat sich vorgenommen, sein Ministerium personell auszuhöhlen. Der oberste Diplomat hält Diplomaten für überbewertet: Erfahrene Analytiker werden vergrault oder nehmen freiwillig Reißaus. In Washington herrscht Sorge, dass der Verlust an Expertise den Staat auf Jahre schwächen dürfte. Tillerson mag im Vergleich zum irrlichternden Präsidenten wie ein Ruhepol wirken – für eine verlässliche Außenpolitik wäre er kein Verlust.
Mike Schier
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