Innenminister wollen nach Syrien abschieben

von Redaktion

Unions-Vorstoß sorgt für Empörung – Sachsen will zudem Abschiebestopp nur um sechs Monate verlängern

Berlin/Istanbul – Der IS ist zurückgeschlagen, aber die Gewalt in Syrien geht weiter. In dieser Gemengelage sorgen die Unions-Innenminister mehrerer Bundesländer mit einem Vorstoß für Aufregung: Sie wollen straffällige Syrer künftig möglichst schnell in ihre Heimat abschieben.

SPD, Linke, Grüne und Flüchtlingsaktivisten reagierten am Mittwoch empört auf die Idee und warfen der Union ein zynisches Wetteifern mit der AfD vor. Das Bundesinnenministerium wiegelte ab und betonte, es werde keine baldigen Abschiebungen geben. Es gehe darum, die Sicherheitslage neu zu bewerten und den geltenden Abschiebestopp womöglich auf sechs Monate zu verkürzen.

Die Ressortchefs wollen nächste Woche bei einer Konferenz über das Thema beraten. Sachsen und Bayern fordern in einem gemeinsamen Antrag eine Neubewertung der Sicherheitslage in dem Land. In einem gesonderten Antrag fordert Sachsen, den Abschiebestopp für Syrer nur bis Ende Juni 2018 zu verlängern und nicht um ein Jahr.

Die AfD zeigte sich erfreut über den Vorstoß aus der Union. Erst vor wenigen Tagen hatte die AfD im Bundestag gefordert, mit Syrien ein Abkommen zu schließen, um Flüchtlinge generell in ihre Heimat zurückzuführen. Das hatte für Kopfschütteln und Entsetzen gesorgt.

Im Bürgerkrieg in Syrien sind in den vergangenen sechs Jahren rund 400 000 Menschen getötet worden. Millionen wurden vertrieben. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ist zwar weitgehend zurückgeschlagen; die Regierungstruppen haben wieder rund zwei Drittel des Landes unter Kontrolle, darunter alle wichtigen Städte. Dennoch kommt es täglich zu Gewalt: Nach Angaben von Menschenrechtlern sind noch immer Zehntausende Menschen in syrischen Gefängnissen verschwunden. Es gibt Berichte über Massenhinrichtungen.

Eine politische Lösung für den Konflikt in dem Land ist nicht in Sicht. Aus dem Außenamt in Berlin hieß es, der Weg zu Frieden in Syrien sei noch sehr weit. Es gebe dort nach wie vor Kämpfe.

Seit Beginn der Bürgerkriegs sind rund 5,5 Millionen Syrer ins Ausland geflohen. Von ihnen seien bisher aus Sicherheitsgründen nur wenige zurückgekehrt, sagte eine Sprecherin des UN-Nothilfebüros Ocha. 2017 sind demnach rund 720 000 Syrer in ihre Heimatgebiete zurückgegangen, die große Mehrheit von ihnen Binnenvertriebe.

Das Bundesinnenministerium erklärte, es seien lediglich Einzelfälle von Syrern bekannt, die freiwillig aus Deutschland in ihre Heimat zurückgekehrt seien. Syrer bilden die mit Abstand größte Gruppe von Schutzsuchenden in der Bundesrepublik.

Das Ministerium betonte, es werde keine baldigen Abschiebungen nach Syrien geben, das lasse die aktuelle Sicherheitslage nicht zu. Man teile aber das Interesse an einer neuen Lagebewertung.

Schon das wäre schwierig. Denn bei deren Erstellung spielt eine funktionierende Botschaft eine wichtige Rolle. Die deutsche Vertretung in Damaskus ist aber seit 2012 geschlossen. Der jüngste reguläre Asyl-Lagebericht des Außenamts zu Syrien stammt aus dem September 2010. Wie ein neuer entstehen soll, ist offen.

Und: Für Abschiebungen braucht es eine Zusammenarbeit mit der Regierung im Herkunftsstaat. Die syrische Regierung ist aber international geächtet. Auf der anderen Seite hat auch Präsident Baschar al-Assad jeder Zusammenarbeit mit dem Westen eine Absage erteilt.

Allerdings geht es nur um eine kleine Zahl von Syrern, die Deutschland verlassen müssten. Derzeit leben hier laut Innenressort nur rund 1000 ausreisepflichtige Syrer, die keine Duldung haben.

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