Hamburg/Leipzig – War da was? Als hätte es die Aufregung um seinen Vorstoß mit einigen unbequemen Botschaften für den Parteichef nie gegeben, wartet SPD-Vize Olaf Scholz geduldig auf Martin Schulz, um mit ihm Seit’ an Seit’ ins Terminal Tango des Hamburger Flughafens zu schreiten. Die Frage eines Reporters, ob die gemeinsame Ankunft denn verabredet gewesen sei, lächeln beide Spitzengenossen einfach weg. Es scheint aber, als ob sie vor einer Veranstaltung, bei der sie keinen vergnüglichen Tanztee erwarten können, am Samstag demonstrative Einigkeit ausstrahlen wollen. Harmonie pur sozusagen.
Ähnlich das Bild am Sonntag in Leipzig, dem zweiten von acht Treffen mit der Basis. Nach drei Stunden intensiver Diskussion in kleinen Runden traten Schulz und die Bundestagsfraktionsvorsitzende Andrea Nahles vor die Kameras. Schulz spricht, Nahles nickt. Das Signal ist klar: Es passt kein Blatt Papier zwischen die Führungskräfte. „Die Menschen haben so gesehen, dass die Führung der Partei zusammenarbeitet an einer guten Zukunft für die SPD, und das im Dialog mit der Parteibasis“, sagt Schulz. Die Parteibasis wolle nicht, dass die SPD sich zerlege in Flügelkämpfen und in Personalstreitigkeiten.
Vor den ersten beiden Regionalkonferenzen der gebeutelten Partei waren durchaus auch kritische Stimmen über die SPD-Führung zu hören. „Wir brauchen wieder neues Personal an der Spitze, weil die Alten verbrannt und verantwortlich für das Desaster sind“, fordert etwa SPD-Mitglied Robert Lohse (54) und bringt Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig oder die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer als mögliche Nachfolgerinnen ins Spiel.
Andere der 700 Konferenzteilnehmer wollen weniger über das Personal, als vielmehr über die inhaltliche (Neu-)Ausrichtung der Partei reden. Die einen plädieren vor dem Treffen hinter verschlossenen Türen für einen Schwenk nach links und die Rückbesinnung auf einen starken Sozialstaat. Die Kielerin Ute Rautenstrauch (35) fordert: „Man muss im Alltag merken: Was bringt es mir, die SPD zu wählen?“
In dieser Frage scheinen sich Scholz und Schulz einiger zu sein als zuletzt geargwöhnt. Zumindest will der SPD-Chef diesen Eindruck vermitteln: „Entgegen der landläufigen Auffassung gibt es zwischen Olaf Scholz und mir inhaltlich eigentlich mehr Übereinstimmungen als Differenzen“, sagt Schulz. Viele der Scholz’schen Analysen in dessen jüngstem Papier findet er gut, macht Schulz deutlich. Er hatte zuletzt mehr Mut zur Kapitalismuskritik gefordert, was sich im Vorstoß des Hamburgers so nicht wiederfindet.
Fast scheint es so, als ob gerade in Scholz’ Heimatstadt bloß keine Zweifel an der Geschlossenheit der Parteispitze aufkommen sollen. Am Anfang der demonstrative Gleichschritt von Schulz und Scholz, am Ende stellt sich gleich die gesamte angereiste Führungsriege vor die Kameras. Doch nur einer des Quintetts – neben Schulz und Scholz noch Fraktionschefin Andreas Nahles, Partei-Vize Ralf Stegner und der designierte Generalsekretär Lars Klingbeil – spricht: der Parteichef.
Und wie war der Dialog mit der Basis nun? Schulz hat eine „enorme inhaltliche und organisatorische Kraft“ ausgemacht, die die SPD mobilisieren werde und müsse, um aus der Defensive wieder herauszukommen, wie er sagt.
Ähnlich resümiert der Parteichef in Leipzig. Es sei eine „sehr, sehr lebhafte, für uns aufschlussreiche Veranstaltung“ gewesen. Neben der Erwartung an parteiliche Geschlossenheit habe die Basis ihnen zwei zentrale Punkten mit auf den Weg der Erneuerung gegeben: Die SPD muss Brückenbauer zwischen Globalisierung und Daseinsvorsorge der Menschen sein und vor allem den Respekt vor den Lebensleistungen der Menschen besonders in Ostdeutschland würdigen. „Die müssen im Mittelpunkt unseres Handelns stehen“, sagte der SPD-Chef.