Tallinn – Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die neuen Reformideen für Europa grundsätzlich begrüßt. „Das Ganze gibt der Entwicklung einen guten Impuls“, sagte die CDU-Chefin gestern Abend in Tallinn zu Vorschlägen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Über Details müsse man aber noch reden, fügte sie hinzu. Die Grünen – möglicher Partner in einer Jamaika-Koalition – drängten Merkel indes, sich klar hinter Macrons Pläne zu stellen.
Der französische Präsident hatte in einer viel beachteten Rede eine Neuordnung Europas gefordert und dafür einen bis 2024 reichenden Fahrplan präsentiert. Unter anderem will er einen eigenen Haushalt und einen Finanzminister für die Eurozone. Die Vorschläge waren Topthema eines Abendessens der EU-Staats- und Regierungschefs in der estnischen Hauptstadt, die heute auch den EU-Digitalgipfel ausrichtet.
Merkel verabredete sich vorab für etwa eine Stunde mit Macron und äußerte sich erstmals öffentlich selbst zu dessen Vorschlägen. Es gebe ein „Höchstmaß an Übereinstimmung zwischen Deutschland und Frankreich“, sagte sie. „Ich sehe jedenfalls eine gute Grundlage in der Rede des französischen Präsidenten, intensiv zwischen Deutschland und Frankreich weiterzuarbeiten.“
„Ausgesprochen positiv“ sehe sie Macrons Vorschläge zum Ausbau einer gemeinsamen Verteidigungs- und Migrationspolitik. Ziel seien gemeinsame europäische Asylverfahren. „Wo ich noch Handlungsbedarf sehe sind die Gemeinsamkeiten in der Außenpolitik“, fügte sie hinzu. Besonders hob die Kanzlerin die Vorschläge Macrons zu einer Harmonisierung der Unternehmenssteuer und des Insolvenzrechts hervor.