München – In der CSU gibt es Unmut über Horst Seehofer. Partei-Vize Manfred Weber, auch Chef der EVP-Fraktion im EU-Parlament, gibt dem Vorsitzenden Rückendeckung. Die Niederbayer, der einst lange die Junge Union führte, findet es „auffällig“, dass der größte Widerstand aus der Heimat von Markus Söder kommt.
-Herr Weber, die CSU sagt, es dürfe kein „Weiter so“ geben. Was heißt das genau?
Wir müssen jetzt die Themen, die wir den Wählern versprochen haben, auch wirklich umsetzen. Die künftige Koalition muss klar von den Themen der CSU dominiert werden.
-Das dürften die möglichen Partner anders sehen. Welche Chancen räumen Sie „Jamaika“ überhaupt ein?
Es ist die erste Option für Stabilität im Land, eine Chance bürgerliche Politik durchzusetzen. Deshalb würde ich solch ein Bündnis nicht gleich ausschließen. Für die CSU geht es dabei aber um die Glaubwürdigkeit
-Nach dem schlechten Ergebnis gibt es viele, denen die Umsetzung alter Versprechen nicht ausreicht. Sie wollen einen konservativeren Kurs.
Wir haben ganz viele der Sorgen jener Wähler, die nun AfD gewählt haben, bereits in unserem Programm aufgegriffen. Genau deshalb kommt es auf die Umsetzung an. So zeigen wir, dass wir die Botschaft der Wahl verstanden haben. Die CSU ist und bleibt eine Partei der Mitte und der Wert- und Nationalkonservativen. Eine ‚AfD light‘ wird es mit mir nicht geben.
-Wie wollen Sie stattdessen zeigen, dass Sie die Botschaft verstanden haben?
Wir müssen vom Wohlfühl- in den Angriffsmodus wechseln. Die CSU sollte endlich die Themen anpacken, wo wir zuletzt zu bequem waren. Das gilt gerade auch für die Landtagsfraktion, die zum Zukunftsmotor werden muss.
-Nennen Sie uns ein paar Beispiele?
In der Digitalisierung hinkt Bayern gegenüber manchen Regionen Europas hinterher. Da muss mehr passieren. Bayern sollte auch längst das führende Land bei Abschiebungen sein – das erwarten die Menschen von uns. Und schließlich sollten wir die Bürger parallel zur Landtagswahl 2018 darüber abstimmen lassen, unsere Leitkultur in die bayerische Verfassung aufzunehmen.
-Die Fraktion trifft sich heute. Dabei dürfte es nicht nur um Inhalte gehen, sondern vor allem um Personalfragen. Es gibt erste Rücktrittsforderungen an Horst Seehofer.
Ich finde es auffällig, dass viele aus dem Raum Nürnberg kommen. Der richtige Ort für diese Debatte wäre der Parteivorstand gewesen. Das ist eine Frage des Anstands. Aber da wurde weder Horst Seehofer noch unsere prinzipielle Strategie, mit Angela Merkel anzutreten, infrage gestellt. Auch nicht von Markus Söder.
-Unterstellen Sie ihm, dass er den Protest organisiert?
Ich unterstelle niemandem etwas. Aber die CSU braucht jetzt Zusammenhalt, nicht Spaltung. Es geht jetzt um unsere Durchsetzungsfähigkeit in den nächsten Monaten und den Erfolg bei der Landtagswahl. Dafür sind Personaldebatten Gift.
Interview: Mike Schier