Seehofer rügt CDU: Lasst den „Unsinn“ mit der Rente

von Redaktion

CSU-Chef verlangt, im Wahlkampf keine neuen Themen einzuführen – Ratlosigkeit über den Umgang mit der AfD

München – Wahlkämpfer sollten auf den letzten Metern entschlossen auftreten, energisch, siegesbewusst. Oder notfalls so tun. In der CSU-Spitze herrscht 13 Tage vor der Wahl aber ein Gefühl vor, das so gar nicht ins Schema passt. „Eine gewisse Ratlosigkeit“ diagnostiziert ein erfahrener Streiter seiner Partei. Horst Seehofer und seine Führungsleute grübeln und debattieren, wie sie mit der AfD umgehen sollen. Ignorieren? Hart mit ihr streiten?

Die Lage sei „gut, wenn auch nicht mehr so stabil wie in den letzten Wochen“, sagt Seehofer vor Journalisten. Das dürfte weitgehend ehrlich sein. Die Werte der Union sinken bundesweit um ein, zwei Punkte, die der AfD steigen – nichts, was Angela Merkels Kanzlerschaft ins Wanken bringen könnte, aber eine Größenordnung, die am Ende eine schwarz-gelbe Koalition unmöglich machen könnte. Und kaum einer in der Union hat eine stabile Erklärung, warum.

Merkels wenig konfrontatives TV-Duell mit Martin Schulz (SPD) wird als eine Ursache genannt. Seehofer ärgert sich zudem über Äußerungen aus der zweiten Reihe der CDU zur Rente mit 70 und zu einer aufgeweichten, „atmenden“ Obergrenze bei der Zuwanderung, die jedes Jahr neu festgelegt werden soll. „Unsinn“ nennt der CSU-Chef beides, will sich keinesfalls darauf einlassen und schließt explizit jede Erhöhung des Renteneintrittsalters ab. Seine Sorge ist, dass Spekulationen darüber den Unions-Kurs verwässern. „Keine neuen Themen, sondern Kurs halten“, trichtert er seiner Parteispitze in der Vorstandssitzung ein.

Was bleibt, ist dennoch die Frage über den Umgang mit der AfD. Seehofer beklagt sich, die Alternative („eine rechtsradikale Partei“) werde von den Medien „überhöht“. Sie wolle im Mittelpunkt stehen. „So wie die behandelt, berücksichtigt, beurteilt wurden, entspricht das nicht ihrer realen Bedeutung für die Bundesrepublik.“

Die SPD hat sich offenbar verabredet, die AfD offen als Rechtsradikale und Nationalsozialisten zu brandmarken. Die CDU gibt sich defensiver. Die CSU will eine Strategie finden, energisch über das Hauptthema Flüchtlingspolitik zu reden, ohne sich konkret mit der AfD zu befassen. Eigentlich hat die CSU ihre Wortwahl rund um den Themenkomplex Zuwanderung schon vor einigen Tagen schrittweise verschärft. Seehofer deutet intern an, er sehe da noch Spielraum nach oben. Genau dazu rät ihm auch Vorstandsmitglied Alfred Sauter: klar an der Obergrenze festhalten, keinen Spielraum für zusätzlichen Familiennachzug lassen.

Kanzlerin Merkel äußerte sich gestern Abend in der in Lübeck aufgezeichneten ARD-„Wahlarena“ erneut zu dem Thema Obergrenze und zementierte ihre Einstellung auf eine Bürgerfrage hin: „Meine Haltung zu der Obergrenze ist ja bekannt, dass ich sie nicht will. Ich möchte sie nicht. Garantiert. Ich halte sie auch nicht für praktikabel“, so Merkel.  cd

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