Katalonien macht Ernst

von Redaktion

Ärger in Spanien: Zentralregierung will ein Referendum verhindern

Barcelona – Spanien steht vor einem heißen Herbst. Die Medien des Landes werden nur noch von einem Thema beherrscht: dem für den 1. Oktober geplanten Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens, der wirtschaftsstärksten Region des Landes. Drei Wochen hat die Regierung in Madrid noch Zeit, die Abstimmung zu verhindern. Irgendwie. Die katalanischen Trennungsgelüste sind so weit fortgeschritten wie nie.

Die turbulenten Szenen im Parlament Kataloniens vor wenigen Tagen sprachen Bände, die Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Die separatistische Regionalregierung hatte gegen allen Widerstand das Referendumsgesetz durchgeboxt, das die Volksbefragung erst möglich macht – und im Falle eines Sieges der Befürworter eine Abspaltung von Spanien innerhalb von zwei Tagen vorsieht.

Die Zeitung „El Mundo“ schrieb von einem „separatistischen Staatsstreich“. Seit Wochen wird der Ton zwischen Madrid und Barcelona schärfer. Der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy wurde zuletzt deutlich wie selten, um die Herrschenden in Barcelona in die Schranken zu weisen. Dabei streute er Begriffe wie „antidemokratische Perversion“, sprach von einem „illegalen Regime“ und „erbärmlichem Spektakel“. Rajoy ist seit jeher strikt gegen eine Volksbefragung in der aufmüpfigen Region. „Ich werde alles Nötige tun und nichts auslassen, um das Referendum zu verhindern“, kündigte er an. Aber was genau hat er vor?

Zunächst stehen ihm rechtliche Mittel zur Verfügung. Sofort nach der Verabschiedung des Referendumsgesetzes legte er beim Verfassungsgericht Beschwerde ein. Dieses reagierte prompt: Schon am Tag nach Inkrafttreten erklärten die Richter die Regelung für ungültig. Das ist nicht neu: Das Gericht hat die Abstimmung schon mehrfach verboten. Neu ist, dass sich die Regionalregierung von der Justiz nicht mehr beirren lässt. Ihr Chef Carles Puigdemont ist sich sicher: „Es gibt nichts, was das Referendum noch aufhalten kann.“

Während sich die Zahl der Befürworter und Gegner der Abspaltung in etwa die Waage hält, wünscht sich die überwältigende Mehrheit der Katalanen ein Referendum über die Trennungsfrage. Ein solches gab es bereits einmal, im November 2014. Der damalige Regionalpräsident Artur Mas hatte nach einem Verbot des Verfassungsgerichts halbwegs eingelenkt und ließ nur eine „symbolische Volksbefragung“ durchführen. Resultat: Mehr als 80 Prozent stimmten für die Unabhängigkeit – aber es waren auch nur ein Drittel der Wahlberechtigten zu den Urnen gegangen. Wie es diesmal wäre, ist eine der großen Fragen, die Spanien derzeit beschäftigen. Carola Frentzen

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