Der Ort ist natürlich nicht zufällig gewählt. Die CSU trifft sich am Freitag in der Gaststätte Fraunhofer im Glockenbachviertel, um ihr Wahlprogramm für die Mobilität in München vorzustellen. Genau dort also, wo nach Ansicht der CSU ein großer Sündenfall rot-grüner Verkehrspolitik exemplarisch zu besichtigen ist. An der Fraunhoferstraße nämlich sind alle Parkplätze weggefallen – zugunsten von breiten, rot markierten Radwegen.
Die meisten Geschäftsleute an der Fraunhoferstraße ärgert diese Stadtratsentscheidung maßlos. Ein Dachdeckerbetrieb, ein Friseur und ein Second-Hand-Laden haben nach der Neuregelung im Sommer 2019 mittlerweile geschlossen. Die Drogerie Rossmann macht dem Vernehmen nach im März ihre Filiale dicht. Die CSU bezeichnet diesen Radplan als „RADikal“. Bürgermeister Manuel Pretzl hält Rot-Grün eine ideologisch verbrämte Politik vor. Was im Übrigen auch für die Leopoldstraße gilt, wo rund 1000 Parkplätze für einen Radschnellweg geopfert werden sollen. Und für die Ludwigsbrücke, wo zwei Fahrspuren gekappt werden.
All diese Entscheidungen will die CSU rückgängig machen. Pretzl sagt: „Die Wähler können am 15. März entscheiden, ob die Stadt in Richtung Verbote und Bevormundung abbiegt oder einen Weg der Mitte wählt.“ Und OB-Kandidatin Kristina Frank assistiert: „Wir sitzen hier als glaubwürdige Alternative, ohne Schaum vor dem Mund.“ Eine Umkehr will die CSU auch beim Altstadt-Radlring. der nach Meinung Pretzls „ein Verkehrschaos verursachen wird, ohne dass jemand etwas davon hat“. Die Radler würden nämlich den Direktweg wählen, anstatt außen herum zu fahren. Frank sagt, die CSU setze in der Gemengelage zwischen Autofahrern, Radlern und Fußgängern auf „Fairness statt Spaltung“. Vor allem, weil viele mobilitätseingeschränkte Senioren aufs Auto angewiesen seien.
Die CSU-OB-Kandidatin fordert sogar mehr Parkplätze in der Stadt – allerdings unterirdisch. Wichtig sei dabei eine vernetzte, digitale Verkehrssteuerung, auch um den Parksuchverkehr zu reduzieren. Vorstellbar ist für die CSU ein Bike-and-Ride-Ring rund um die Stadt. Generell müssten alle neuen Mobilitätsformen geprüft werden – etwa Seilbahn, Schwebebahn oder Flugtaxis, betont Frank.
Beim öffentlichen Nahverkehr fordert die CSU ein 365-Euro-Ticket für alle Kunden, einen U-Bahnverkehr rund um die Uhr sowie neue Expressbusse. In ihrem Wahlprogramm spricht sich die CSU ferner – wenig überraschend – für den Ausbau des U-Bahnnetzes aus. Zudem brauche München den S-Bahn-Süd- und Nordring, die Vollendung des Autobahnrings und eine weitere Förderung der Elektromobilität. Was die CSU vermisst, ist ein durchdachtes Gesamtverkehrskonzept der Stadtverwaltung. Mit der Gründung des neuen Mobilitätsreferats soll hier Abhilfe geschaffen werden.
Angesichts der Generalabrechnung mit Rot-Grün stellt sich die Frage, mit wem die CSU nach der Kommunalwahl überhaupt koalieren möchte. Immerhin bilden die Christlich-Sozialen derzeit mit der SPD die Rathaus-Regierung, wobei die Sozialdemokraten zuletzt verkehrspolitisch einige Entscheidungen zusammen mit Grünen, Linken und ÖDP gegen die CSU durchgedrückt hatten. Pretzl sagt dazu, man setze darauf, „dass bei einer der beiden Parteien wieder Vernunft einkehrt und wir uns auf einen gemeinsamen Nenner einigen können“. Und der Bürgermeister kündigt an: Eine Koalition mit SPD oder Grünen werde nur unter
der Prämisse einer „Politik des Ausgleichs“ möglich sein.