Angst vor zweitem Ankerzentrum

von Redaktion

Im Truderinger Moosfeld will die Regierung von Oberbayern in Kürze eine zweite Münchner Ankerzentrums-Dependance eröffnen. Die Stadt sieht solche Zentren grundsätzlich kritisch und verweist auf die desolaten Zustände im bestehenden Ankerzentrum in der Funkkaserne. Die Betriebsgenehmigung ist aber bereits erteilt. Vor Ort ist man entsetzt.

VON CARMEN ICK-DIETL

Bis zu 350 Personen könnten laut dem Bauantrag maximal in dem geplanten Ankerzentrum Am Moosfeld 37 unterkommen. Es handelt sich um Flüchtlinge, die neu nach Bayern kommen und auf die Erteilung ihres Bleiberechts warten. Erst danach werden sie entweder auf die Kommunen verteilt oder abgeschoben. Im Ankerzentrum sind alle relevanten Behörden vertreten: die zentrale Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder die Bundesagentur für Arbeit.

In der Funkkaserne hat München bereits eine solche Ankerzentrums-Dependance. Aktuell sind dort 205 Menschen untergebracht, 85 von ihnen sind Kinder. Der überwiegende Teil stammt aus Nigeria. Offenbar sind die Zustände aufgrund der langen Verweildauer und der engen Belegung dort sehr problematisch – es kam zu Protesten der Bewohner. Das Jugendamt berichtete jüngst im Stadtrat, dass es immer wieder zu „Inobhutnahmen von Kindern aufgrund Gewalt, Drogen, Alkohol und Vernachlässigung“ komme. Nun soll in dem ehemaligen Bürogebäude in Trudering ein weiteres Ankerzentrum eingerichtet werden. In dem Haus war vor Jahren bereits eine Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht.

Die Stadt geht davon aus, dass der neue Standort eine sehr ähnliche Belegungsstruktur haben wird wie in der Funkkaserne. Daher pocht man darauf, möglichst früh in die Planungen miteinbezogen zu werden. „Um nicht ähnlich desolate Zustände wie derzeit in der Funkkaserne entstehen zu lassen“, heißt es in einem Schreiben. Das Sozialreferat hat deshalb die Regierung von Oberbayern dringend um ein Gespräch gebeten. Bislang allerdings ohne Resonanz.

Am Moosfeld ist man ob der Pläne entsetzt. „Wie sollen die vielen Leute dort leben, es gibt überhaupt keine Freiflächen rundrum“, sagt Richard Bredenfeld. Sein Vier-Sterne-Hotel, in dem vor allem Messegäste logieren, liegt direkt vor der Einrichtung. „Das ist existenzbedrohend für uns und unsere 60 Mitarbeiter.“ Bei der Erstaufnahme damals hätten die Gäste wegen der Notsituation noch über Unannehmlichkeiten hinweggesehen. „Aber nun wird das Zentrum gezielt bei uns angesiedelt.“ Als der Eigentümer der benachbarten Immobilie für die notwendige Unterschrift zur Betriebsgenehmigung auftauchte, sei er bereits von einem Vertreter der Regierung von Oberbayern begleitet worden. „Ein eigenartiges Vorgehen“, findet Bredenfeld.

Auch in der angrenzenden Wohnsiedlung hegt man erhebliche Zweifel an der Verträglichkeit der Einrichtung. Auch der örtliche Helferkreis sieht sich mit dem Ankerzentrum überfordert. Denn er betreut in der näheren Umgebung bereits eine Unterkunft mit rund 150 Flüchtlingen, eine weitere für ebenso viele Menschen wird gerade renoviert. „Mangelnde Freiflächen und eine geringe Perspektive auf ein Bleiberecht werden dort für Zündstoff sorgen“, ahnt Helferkreis-Sprecherin Eva Horlacher schon jetzt.

Die Lokalbaukommission (LBK) hat die Nutzung des ehemaligen Bürogebäudes zur Flüchtlingsaufnahme und -unterkunft nach Aussagen von Sprecher Ingo Trömer bereits Ende Januar genehmigt. Mit einer Befristung von zehn Jahren. Die Vorbereitungen würden laufen, das Gebäude werde gerade baulich ertüchtigt, so eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern auf Anfrage unserer Zeitung. Einen konkreten Zeitpunkt für die Inbetriebnahme kann sie aber noch nicht nennen. Man habe nach der Schließung der Unterkunft auf dem Gelände der McGraw-Kaserne „einen aktuellen Unterbringungsbedarf“.

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