Wie berichtet, wollen zwei Investoren an der Schillerstraße zwei Hotels mit insgesamt rund 900 Betten (457 Zimmer) realisieren: Der Immobilien-Unternehmer Hubert Haupt (Concrete Capital) plant ein siebengeschossiges Hotel an der Schillerstraße 3 und 3a. Ein Bauantrag ist eingereicht. Brisant: Um die 35 Wohnungen müssten weichen, Haupt spricht von einer geringeren Anzahl. Um die 15 Apartments seien es, die an Wohnraum durch das Projekt verloren gingen. „Man wirft uns rüde Methoden bei der Entmietung vor. Wir haben aber jedem Mieter freundschaftlich gekündigt“, so der Investor. Als Ersatz baue die Firma 100 Wohnungen in Neuperlach.
Ein weiteres Hotel will DC Values gegenüber an der Bayerstraße 25 bauen. Ein Antrag auf Vorbescheid ist eingereicht. „Beide Anträge werden derzeit geprüft“, sagt Thorsten Vogel vom Planungsreferat. Die Hotels sollen vom Hotelkonzern Motel One betrieben werden, laut Motel One aber als voneinander unabhängige Häuser.
Die Angst bei Freunden des Viertels ist groß: Das Südliche Bahnhofsviertel sei für Menschen, die am Hauptbahnhof ankommen, der erste Eindruck von München, betont Fritz Wickenhäuser, Vorsitzender des Vereins Südliches Bahnhofsviertel. „Es ist unsere Visitenkarte. Wenn hier nur noch internationale Hotelbetriebe erkennbar sind – wo bleiben dann die Vielfalt und der Charme?“ Schwarz fürs Viertel und die Branche sieht auch Conrad Mayer vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. „Dieses Großprojekt wird das ganze Viertel umschmeißen.“ Der Druck auf die ansässigen Hoteliers sei hoch. „Die Großen werden die Kleinen kaputtmachen“, glaubt Mayer angesichts der drohenden Konkurrenz durch die internationale Kette. Auch werde Wohnraum vernichtet.
Kritik kommt auch aus dem Rathaus – SPD, CSU und Grüne lehnen das Vorhaben ab. „Rechtlich ist aber wohl nichts zu machen“, sagt SPD-Fraktionsvize Christian Müller. Denn der Bebauungsplan von 1996 legt das Gebiet als „Kerngebiet“ fest – dort gibt es vorwiegend Gewerbe. Kritiker monieren, dass diese Festsetzung veraltet sei und verweisen auf ein „Maßnahmenkonzept“ des Planungsreferats: Diese Studie habe die Schillerstraße 3 und 3a sogar als „Wohnraumpotenzial“ definiert. Vogel hält dagegen: „Die Studie ermöglicht zwar gegebenenfalls eine Wohnnutzung, wenn sie beantragt wäre. Aber auf Basis dieser Studie kann man zulässige Nutzungen nicht ablehnen.“ Und ein Hotel ist laut Bebauungsplan eine „zulässige Nutzung“. Eine Änderung des Bebauungsplans sei nicht „zielführend“: Selbst wenn ein Wohnanteil festgelegt würde, könne ein Hotel nicht ausgeschlossen werden, antwortet Stadtbaurätin Merk auf einen SPD-Antrag.
Investor Hubert Haupt ist guter Dinge, dass sein Projekt durchgeht: Er habe mit der Stadtbaurätin telefoniert und sei sich sicher: „Es kann sich jeder Stadtrat auf die Hinterfüße stellen, der Bauantrag wird genehmigt werden.“
Doch nun hat sich auch Oberbürgermeister Dieter Reiter in den Hotel-Streit eingeschaltet: „Der Oberbürgermeister hat zu mir gesagt: ,Wenn wir eines nicht brauchen, ist es ein weiteres Großhotel im Bahnhofsviertel‘“, sagte Mayer gestern unserer Zeitung. Das bestätigt das OB-Büro auf Anfrage. Darüber hinaus habe der OB das Planungsreferat gebeten, zu prüfen, welche Möglichkeiten die Landeshauptstadt habe, um einer weiteren Gentrifizierung im Bahnhofsviertel entgegenzuwirken.