Das Blumenmeer kommt gut an

von Redaktion

Schon vor dem offiziellen Start fasziniert Walther Kuhns Kunstinstallation auf dem Königsplatz die Münchner

Der Künstler Walter Kuhn (72) ist ein absoluter Kriegsgegner. „Ich kenne keinen Krieg, der je ein Problem gelöst hat“, sagt er. Kuhn verarbeitet sein Unverständnis gerne künstlerisch. Und sein Herzensprojekt „Never Again!“ auf dem Königsplatz steht nun endlich. Es ist eine Antikriegs-Installation mit 3000 Mohnblumen. Etwa 100 Helfer, unter ihnen viele Kriegsflüchtlinge, haben ehrenamtlich mitgearbeitet, um die hüfthohen Metallstängel der roten Kunstseide-Blüten in den Boden zu stechen.

Der letzte Schliff steht an. Kuhn wandelt am Dienstag um den schwarzen Info-Pavillon, der noch nicht ganz fertig ist. Innen liegt noch Verpackungsmaterial. Kuhn schiebt einige Luftpolsterfolien zur Seite. Er geht wieder hinaus. Auf der Stirnseite entdeckt er einen Kieshaufen. „Ah, dann können wir gleich den Spalt auf der Vorderseite des Pavillons aufschütten“, sagt er.

Kuhn ist bester Laune, denn er sieht bereits die Reaktionen der Passanten. Lange vor der offiziellen Einweihung am 11.11. um 11 Uhr (an dem Datum endete der Erste Weltkrieg 1918) sind die Münchner begeistert. Regelmäßig hupen sich Autofahrer an, weil der Vorausfahrende das rote Blumenmeer entdeckt, spontan bremst und das Handy zückt. Passanten und Radfahrer reagieren ähnlich. Touristen sowieso.

„Ich finde es sehr wichtig, dass gerade meine Generation an die Grausamkeit von Kriegen erinnert wird“, sagt die Personalentwicklerin Simona Notarangelo (24) aus Rosenheim, „schließlich haben wir das Glück, bislang keinen Krieg erlebt zu haben. Es ist eine schöne Installation, rundum gelungen!“

Das sieht auch Stefanie Behringer (48) so. Die Angestellte arbeitet gleich ums Eck und trägt zufällig einen roten Mantel. „Der Platz wird eh viel zu selten genutzt“, sagt sie, „eine perfekte Idee, so an alle Kriegsopfer der Welt zu erinnern.“

Etwas kritischer ist der Ur-Münchner Klaus Holzer (60). „Einerseits finde ich die Installation sehr schön und wunderbar bunt, so kurz vor dem Winter“, sagt er. „Andererseits: Man muss irgendwann vergessen können. Wer den Ersten Weltkrieg erlebt hat, ist doch schon lang tot.“

Kuhn bekommt spontan Besuch von der Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler. Sie hat 50 Mohnblumen gesponsert und will nun einen Blick auf das Gesamtkunstwerk werfen. Sie hat einen ganz eigenen Grund, weshalb sie das Projekt eifrig unterstützt: „Es ist nicht nur ein Mahnmal“, sagt sie, „das Ganze ist natürlich ein Gedächtnis ans Kriegsende, lädt aber gleichzeitig zum Leben ein. Gerade diesen Aspekt finde ich sehr schön.“

Die Mohnblume, so weiß Breit-Keßler, „setzt sich schnell auf Gräbern fest und blüht. Ich kenne sogar ein Mohnblumen-Gedicht aus Flandern, wo so viele Menschen im Ersten Weltkrieg gestorben sind.“

In etwa vier Wochen werden die Riesenblumen wieder vom Königsplatz entfernt. Was dann mit ihnen geschieht, weiß Kuhn bereits: „Wir werden sie am Ende gegen eine kleine Spende verschenken.“ HÜSEYIN INCE

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