Flagge zeigen für Europa

von Redaktion

Vor einem Jahr mobilisierte „Pulse of Europe“ tausende Menschen

Die Sonne prallt auf den Marienplatz, der Himmel strahlt in einem knalligen Blau, so wie die zahlreichen Flaggen, die hin und her geschwenkt werden. Rund 200 Leute haben sich am Sonntagmittag versammelt, um ein Zeichen für ein gemeinsames Europa zu setzen.

Kinder und Erwachsene, Jugendliche und Rentner, ausgestattet mit Europa-Kappen und kleinen Fähnchen – hinter der Aktion steht die Bürgerinitiative „Pulse of Europe“. Im November 2016 wurde die Bewegung gegründet, seitdem hat sie Bürger in ganz Europa mobilisiert. Die Teilnahme an der Demonstration ist in vielen Städten in Deutschland und Europa zum Sonntagsritual geworden, der unerwartete Brexit und kurz darauf die Wahl von Donald Trump waren die entscheidenden Auslöser für ein wöchentliches Zusammentreffen – nicht gegen etwas, sondern für Europa.

Und heute? In diesem Jahr finden die Demos nur noch jeden ersten Sonntag im Monat statt, die Teilnehmerzahlen sind von mehreren tausend auf ein paar hundert Menschen gesunken. Haben sich die Probleme in Europa beruhigt?„Keinesfalls“, sagt Margit Ertlmaier (55), Mitgründerin von „Pulse of Europe“ in München. „Die Situation in Europa war noch nie so kritisch.“ Die Bewegung sei nicht kleiner geworden, sie habe lediglich in Deutschland eine andere Dynamik, sagt auch Mitgründer John Friedmann (46). „Wir haben bei uns nicht so drängende Probleme, deswegen sind wir im Moment weniger präsent.“ Dafür kriselt es aber an anderen Ecken in Europa: „Nach Polen, Ungarn und Österreich sind jetzt auch in Italien rechte Populisten an der Regierung“, schimpft Ertlmaier. „Die Bürgerinnen und Bürger sind heute mehr denn je gefragt!“ Dafür organisiert „Pulse of Europe“ nun Bürgerforen, in denen das Volk das Wort hat und konkrete Vorschläge für eine Verbesserung in Europa machen darf. Diese werden dann gesammelt und an die zuständigen Politiker weitergeleitet. „Wir werden die Politiker mit konkreten Fragen in die Pflicht nehmen, und unspezifische Antworten werden nicht akzeptiert“, verspricht Ertlmaier.

„Die Versprechen der EU sollen durchgesetzt werden und wir fordern von allen Parteien im bayerischen Landtag ein pro-europäisches Statement“, sagt auch Friedmann. Der Rechtsruck müsse dringend in seine Schranken gewiesen werden. Das sieht auch Guiseppe Mele (52), ein italienischer Demonstrant, so. „Ich lebe nun seit 30 Jahren in Deutschland“, sagt er. „Im Herzen bin ich aber immer noch ein Italiener.“Aktuell spürt er in Italien den nationalistischen Gedanken immer größer wachsen: „Da, wo Nationalismus herrscht, entsteht gleichzeitig auch ein Krieg. Wir müssen etwas gegen die Feindschaften in Europa tun!“ Seine konkreten Ziele und Wünsche findet Mele selbst utopisch: „Ich wünsche mir eine Europäische Republik. Wir brauchen ein einheitliches Finanz- und Sozialsystem.“

Ertlmaier forderte bei ihrer Rede alle Anwesenden dazu auf, an den Bürgerdialogen teilzunehmen, zu denen Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeladen hat. Dabei können sich alle Menschen in Deutschland an der Zukunft der Europäischen Union beteiligen. Außerdem animierte sie die Demonstranten zu einer höheren Wahlbeteiligung.

Der Puls Europas schlägt also weiter. „Wir machen solange weiter, wie es notwendig ist“, sagt sie. „Pulse of Europe“ sei immer noch eine große Bewegung. Dass an einem so schönen Sonntag am Ende der Ferien zahlreiche Leute kommen, sei ein Zeichen für die Notwendigkeit, sagt Friedmann. „Für ein gemeinsames Europa.“ Kathrin Braun

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