Ingo Wortmann hat zwar noch ein Auto, wirklich brauchen tut es der Chef der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) selten. „In München benutze ich meistens die öffentlichen Verkehrsmittel, lange Strecken lege ich mit der Bahn zurück. Ins Büro geht’s jeden Tag mit der U-Bahn.“ Der MVG-Chef geht mit gutem Beispiel voran. Doch um noch mehr Menschen zum Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu bewegen, feilt die MVG am Ausbau des Netzes. Denn das ist längst an den Grenzen angelangt. „Wir brauchen dichtere Takte und neue Strecken, vor allem Tangenten, um das Zentrum zu entlasten“, sagt Wortmann.
Geht es nach dem Willen der Verkehrsbetriebe, sollen U-Bahn, Bus und Tram künftig noch häufiger fahren. Im Untergrund könnten bald die letzten sieben neuen C2-Züge zum Einsatz kommen. Bestellt sind weitere 24 Einheiten, die bereits 2019/20 das Angebot erweitern könnten.
Dann möchte die MVG auf der U3/U6 den Zwei-Minuten-Takt im Berufsverkehr zwischen Implerstraße, Sendlinger Tor, Marienplatz und Münchner Freiheit einführen. Vorbehaltlich weiterer neuer Züge, 22 werden kolportiert, könnte dieser Takt nach 2022 zu den Stoßzeiten auch auf der U4/U5 greifen. Der Ausbau eines durchgängigen Fünf-Minuten-Netzes ist bereits beschlossen und sollte bis dahin vollständig umgesetzt sein. Die Züge führen dann im gesamten Netz alle zwei bis fünf Minuten. „Das muss finanziert werden, plus der notwendigen Sanierung des vorhandenen Netzes“, sagt Wortmann. „Da zählen wir auf die Hilfe der Politik. Berlin muss auch dafür sorgen, dass Entlastungsprojekte wie unsere U9-Spange eine Chance auf Förderung haben. Dem ÖPNV ist Vorrang einzuräumen – auch im Straßenverkehr. Nur dann funktioniert der Ausbau.“
Der umfasst freilich auch das Busnetz und die Trambahnen, denn gerade der Bus ist noch keine echte Alternative zum Auto. „Ein Bus, der im Stau steht, überzeugt weder uns noch die Kunden. Wir müssen schlicht schneller werden, weniger störanfällig. Da sind wir wieder bei der Forderung nach mehr eigenen Spuren und Ampeln, die den ÖPNV priorisieren.“
2018 erwartet das Unternehmen die Auslieferung von insgesamt 45 neuen Bussen, jüngst hat die MVG zudem 40 neue E-Busse ausgeschrieben. „Unser Ziel ist eine zu 100 Prozent elektrische Busflotte. Wir peilen 2030 an“, sagt Wortmann. Wie berichtet, ist zudem ein Expressbus-Netz geplant, das insgesamt 200 Kilometer umfassen soll. Dazu ist der Ausbau von Busspuren notwendig, sowie zusätzliche Haltestellen an Knotenpunkten. Tangentiale Verbindungen sollen durch zusätzliche Linien gestärkt, bestehende Linien aufgestockt werden.
Bei der Tram werden ab Mitte 2018 die ersten von 22 neuen Avenio-Zügen sukzessive in Betrieb gehen und auf stark genutzten Linienabschnitten für mehr Platz sorgen. 18 der 22 neuen Bahnen können zu Doppeltraktionszügen zusammengekoppelt werden. Sie sollen ab 2019 sukzessive auf der Linie 20 in Betrieb gehen und dort noch mehr Platz bieten. Der weitere Ausbau des Angebots sieht neue Verstärkerlinien und/oder den Einsatz weiterer größerer Züge vor.
„Der Ausbau geht nicht von heute auf morgen“, sagt Wortmann. „Der ÖPNV ist unterfinanziert. Erst im Zuge der Luftreinhaltung macht der Staat jetzt wieder mehr Geld locker.“ Der Koalitionsvertrag sei ein guter Anfang. „Es wird aber noch viel mehr Geld für den ÖPNV erforderlich sein. Bei den Schienenfahrzeugen haben wir lange Liefer- und Zulassungszeiten.“ Und Kinderkrankheiten gibt es mitunter auch – wenn denn überhaupt ausreichend Fahrer für die neuen Fahrzeuge da sind. „Der Arbeitsmarkt ist in München nicht einfach, das Leben nicht günstig. Dann brauchen wir neue Betriebshöfe. Wir haben keine Zeit zu verlieren.“