Diksussion um DAV-hallen

Klettersport zwischen Verein und Kommerz

von Redaktion

Von Carsten Hoefer (dpa)

Eine hessische Gerichtsentscheidung mit Signalwirkung könnte den Verein mit seinen knapp 1,2 Millionen Mitgliedern zu einer Neuorganisation seines deutschlandweiten Netzes von Kletterhallen zwingen. Dabei geht es um die Frage, ob der DAV Vereinssport und Kommerz auf unzulässige Weise miteinander vermengt. In einem zweiten Rechtsstreit in Berlin klagen private Hallenbetreiber über unfaire Wettbewerbsnachteile, weil der Senat der DAV-Sektion ein großes Grundstück in Toplage für eine Minimiete überlassen hatte.

Das Amtsgericht in Darmstadt hat angeordnet, dass die örtliche DAV-Sektion sich mit ihrer Kletterhalle als Gewerbe ins Handelsregister eintragen muss. Der Alpenverein sperrt sich, doch das Gericht insistiert. „Die Anordnung gilt“, sagt dessen Vizepräsident Erik Geisler. Und das könnte rechtliche Konsequenzen haben – und keineswegs nur für den Alpenverein. Steuerrechtler beobachten seit Jahren, dass Vereine in kommerzielle Gefilde vorstoßen, in denen sie eigentlich nichts zu suchen haben. So gibt es Turnvereine, die Fitnessstudios aufmachen.

Der hessische Streit läuft schon seit drei Jahren. Macht dieses Beispiel Schule, gingen dem Alpenverein nicht nur Steuervorteile verloren. Kommunen und Bundesländer müssten ihre Förderung des DAV-Hallenbaus überdenken. Denn Zuschüsse für Vereinssport sind zulässig, für Subventionen an die Privatwirtschaft gelten sehr viel strengere Vorgaben.

„Eine DAV-Kletterhalle ist kein Gewerbebetrieb, sondern eine Sportstätte“, betont DAV-Geschäftsführer Olaf Tabor. „Wir befürchten, dass das eine Präzedenzfallwirkung entwickeln kann.“ Rechtlich gesehen ist der DAV ein „Idealverein“, der nicht Profite, sondern ideelle Ziele verfolgen soll. Dementsprechend behandelt der Fiskus DAV-Kletterhallen als „Zweckbetrieb“. Überschüsse sind steuerfrei – im Gegensatz zu Unternehmen, die Gewinne versteuern müssen. Der zweite große Vorteil ist die öffentliche Förderung Doch die wird immer wieder infrage gestellt. Vor allem in München. Denn das Kletterzentrum in der Thalkirchner Straße wird nicht einmal vom Alpenverein betrieben: 23 DAV-Sektionen haben einen Trägerverein gegründet, der wiederum den Betrieb an die Nürnberger Firma Orgasport vergeben hat. Bei dieser Konstruktion erscheint manchen Steuerfachleuten zumindest fraglich, ob es sich noch um einen nicht kommerziellen Zweckbetrieb handelt.

Die DAV-Kletterhallen als solche unterscheiden sich auch nicht von privaten: Anders als bei einem Tennisclub müssen auch Vereinsmitglieder Eintritt zahlen, und Klettern gegen Geld dürfen auch die Nichtmitglieder. Kommerzielle Hallenbetreiber klagen über die ungleichen Wettbewerbsbedingungen – und über Umsatzeinbußen, gerade wenn der DAV in ihrer Nähe eine Halle eröffnet.

Der DAV weist die Kritik zurück. „Der Verein ist nicht wie die kommerziellen Betreiber erst vor gut 15 Jahren in den Sport eingestiegen, sondern schon vor mehr als drei Jahrzehnten“, sagt DAV-Hauptgeschäftsführer Tabor. „Damals hat er begonnen, das Klettern aktiv zu entwickeln, sodass überhaupt erst eine Zielgruppe und ein Markt entstanden sind.“ Eine DAV-Halle ziele nicht auf Gewinn, sagt Tabor – „wenn Überschüsse erzielt werden, fließt jeder Euro zurück in die Vereinstätigkeit“. In der Tat: Eine erfolgreiche Kletterhalle ermögliche „oft sogar die Querfinanzierung einer schlecht besuchten Hütte“, heißt es.

Im Nachbarland Österreich sind Vereinsleben und Klettergeschäft klar getrennt. Dort werden die Hallen in der Regel von den Kommunen finanziert und gebaut – der Betrieb wird aber häufig an den Österreichischen Alpenverein übergeben.

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