Die Radlhauptstadt ist aus dem Tritt geraten. München hat in der Vergangenheit bei der Förderung des Radverkehrs viel richtig gemacht – doch das Radwegenetz wird von denselben Wachstumsschmerzen gequält wie der Rest der Stadt. Auch hier geht es im Endeffekt um die Frage, wie der immer knapper werdende Platz zwischen immer mehr Nutzern verteilt werden soll. Und hier zeigt sich, dass eine Große Koalition eben nicht unbedingt der Garant für den größtmöglichen Wurf ist. Denn sie scheut eine klare Positionierung.
Ein Beispiel, wie es anders gehen kann, ist Hamburg. Bisher nicht gerade als Radfahrerhochburg bekannt, hat Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die Förderung des Radverkehrs zur Chefsache erklärt und konkrete Zielvorgaben gemacht. Jahr für Jahr müssen in der Hansestadt mindestens 50 Kilometer neue Radwege entstehen, mehrere Seiten des Koalitionsvertrags widmen sich dort der Förderung des Radverkehrs und die Stadt plant ein 280 Kilometer langes Veloroutennetz.
Diese Aufbruchstimmung lässt der Münchner Grundsatzbeschluss leider vermissen. Vieles soll geprüft werden, so manche Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden. Der Anspruch, Radlhauptstadt zu sein, lässt sich so aber nur schwer untermauern. Dafür bräuchte es mehr Elan und mehr Entschlossenheit und den Mut zu grundsätzlichen Entscheidungen. Denn eines ist klar: In der dramatisch wachsenden Stadt ist der Platz auf den Straßen endlich. Die Politik muss deshalb Prioritäten setzen und diese den Bürgern auch klar kommunizieren. Im Verkehr hat sie dafür einen relativ großen Handlungsspielraum – den sollte sie nutzen.