Stadtplatzsanierung ja –aber behutsam

von Redaktion

Bürgerbegehren als Akt gelebter Demokratie – Schlagabtausch auf Infoveranstaltung

Neumarkt-St. Veit – Bilder an den Wänden, verbunden mit den Hinweisen „So schaut‘s dann nimma aus!“ Fotomontagen, die zeigen, wie Bäume die Fassaden verdecken. Dazu Wurfzettel, auf denen die Gründe des Bürgerbegehrens „Rettet unseren schönen Stadtplatz“ vermerkt sind: Die Initiatoren des Bürgerbegehrens – Eva und Dr. Christian Guse sowie Roland Schmid – haben sich viel Mühe gemacht, um die Zuhörer ihrer Infoveranstaltung optimal zu versorgen.

500 Unterschriften
sind notwendig

Eines stellte Dr. Guse gleich zu Beginn der Versammlung im Gasthaus „Zur Post“ fest: „Das Ergebnis der Umfrage war ein zu eindeutiges Ergebnis, um nicht weiterzumachen!“ Denn über 700 Unterschriften hätten im Dezember gezeigt: Es herrscht Unzufriedenheit über die Planung zur Stadtplatzsanierung in Neumarkt-St. Veit. Für Guse und Co. der Auftrag, ein Bürgerbegehren zu starten, die auf eine „behutsame“ Sanierung des Stadtplatzes abzielt. 500 Unterschriften wären notwendig, damit es zum Bürgerentscheid kommt.

In der Analyse zur Missstimmung in der Bevölkerung spielte nach Ansicht Guses die offenbar mangelnde Transparenz bei den Beschlüssen eine große Rolle. Die Grundsatz-Entscheidung des Stadtrates, ob es eine kleine oder größere Sanierungsmaßnahme werden soll, sei 2017 in nicht-öffentlicher Sitzung gefallen. Niemand, außer den Stadtratsmitgliedern wisse, wie eine kleine Lösung hätte aussehen können. Also hätten die Initiatoren Vorschläge erarbeitet, die nun Gegenstand des Bürgerbegehrens sind.

Sechs Eckpunkte nannte Guse: Die Parksituation am Oberen Tor beschrieb er wegen der fehlenden Durchfahrbarkeit als chaotisch, die Sicherheit von Fußgängern stellte er dabei in Frage. Bis zur Beeinträchtigung der für den Stadtplatz so charakteristischen Sicht auf die Fassaden aufgrund ungeeignet gewählter Standorte für Bäume reichten seine Ausführungen. Granit für die Pflasterfläche? „Dann sieht Neumarkt aus wie alle anderen Gemeinden – Vilsbiburg oder Gangkofen. Massing hat deutlich weniger Geschäfte – aber dafür Granit!“

Zumindest am Johannesplatz, so die Meinung Guses, könne man auf die Neugestaltung verzichten und so 1,715 Millionen Euro sparen. Und überhaupt: „Wo kommen wir denn hin, wenn jede Gemeinde mit 6000 Einwohnern einen Stadtplatz für über vier Millionen Euro sanieren will?“

Die große Sanierung zu verfolgen und hohe Steuersummen in Form von Fördergeldern zu verschleudern, davon hielt Guse nichts. Für eine Umgestaltung unter dem Gesichtspunkt der Barrierearmut könne man auch andere Zuschusstöpfe abschöpfen, etwa aus dem Programm „Bayern barrierefrei 2023“.

„Es sagt niemand etwas gegen ein Bürgerbegehren – aber dann bitte mit den richtigen Fakten!“, bezog Bürgermeister Erwin Baumgartner Stellung. Neumarkts Stadtoberhaupt breitete Pläne aus, argumentierte, dass die Parkplatzsituation nicht überall perfekt wäre, „aber in den meisten Fällen besser“. Bei 140 Stellplätzen müsse man bei nur 37 rückwärts ausparken. Zum Vorzug von Klinkersteinen gegenüber Granit sagte Baumgartner, dass Klinker nur in der maximalen Größe von 30 auf 30 Zentimeter möglich wären: „Blöd für jedes Gehwagerl!“ Großformatige Granitplatten würden sich besser eignen zum barrierearmen Ausbau der Gehwege. Bei den kritisierten Musterleuchten zeigte sich Baumgartner kompromissbereit: „Wenn die nix sind, dann kommen halt andere hin!“

Schließlich betonte er, dass nur für die große Maßnahme maximale Zuschüsse abgegriffen werden könnten. „Wenn wir es nicht tun, holen sich andere diese Mittel!“ Wie hoch die Förderung aber bei einer behutsamen Lösung sein könnte, konnte Baumgartner allerdings nicht beantworten.

Plötzlich wurde
es politisch

Kontrovers wurde über das Bürgerbegehren diskutiert. Befürworter und Gegner meldeten sich zu Wort. Stadtratskandidaten der SPD konterten Wortmeldungen der UWG. Die Frage nach dem Ziel des Bürgerbegehrens beantwortete Dr. Guse damit, dass im Zuge der Sanierung ein möglichst geringer Eingriff in den Stadtplatz erfolgen sollte. Roland Schmid ging es darum, die Bürger aktiv zu beteiligen, ihnen Mitspracherecht zur Sanierung einzugestehen, was bislang nicht der Fall gewesen sei. „Das Bürgerbegehren ist gelebte Demokratie.“ Wenn der Stadtplatz „greißlich“ wäre, sei eine große Sanierungsmaßnahme nachvollziehbar. „Aber unser Stadtplatz ist ja schon schön!“, befand Schmid.

Zwischenzeitlich lief die Veranstaltung Gefahr, politisch zu werden. SPD-Stadtrat Ulrich Geltinger warf dem Bürgermeister vor, dass im Zuge der Tiefbauarbeiten zur Kanalsanierung mit unumstößlichen Maximallösungen argumentiert werde, um „auf Gedeih und Verderb die große Maßnahme durchzubringen“. Als dann SPD-Stadtrat Ludwig Spirkl bislang gefällte Entscheidungen im Stadtrat kommentierte, entzog ihm Guse das Wort, verbunden mit dem Hinweis, dass es eine Infoveranstaltung zum Bürgerbegehren sei und keine politische Veranstaltung.

Alternativvorschläge gibt es von den Initiatoren des Bürgerbegehrens nicht. „Das ist nicht unsere Aufgabe und auch nicht Zweck des Begehrens“, machte Guse deutlich. Es gelte lediglich, die Stimmung in der Bevölkerung einzufangen. Sollte das Bürgerbegehren scheitern, werde man dieses Ergebnis selbstverständlich akzeptieren.

Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Baumgartner

Es war ein zu eindeutiges Ergebnis,

um nicht weiterzumachen!

Dr. Christian Guse

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