Eberhofer übernehmen Sie

von Redaktion

Der Besucherrückgang der Kinos in Deutschland trifft auch die heimischen Lichtspielhäuser. Wie sie mit einem Leberkäs-Junkie und Opernarien dagegen halten wollen, berichten die beiden Betreiber.

Mühldorf/Waldkraiburg – James Bond soll im nächsten Frühling nicht nur die Welt retten. 2020 ist er auch für das Wohlergehen der heimischen Kinos zuständig. Denn die Betreiber in Mühldorf und Waldkraiburg hoffen nach dem schlechten Jahr 2018 auf schlagkräftigere Filme 2019 und 2020. Von 15 Prozent Besucherrückgang sprechen Thomas Rahnert aus Waldkraiburg und Thomas Trettenbacher aus Mühldorf übereinstimmend. Damit liegt das Mühldorfer Kino laut Trettenbacher erstmals im bundesweiten Negativ-Trend; in den vergangenen Jahren schnitt das Hollywood am Inn stets besser ab als die meisten anderen Kinos in Deutschland.

Cinewoodbetreiber Rahnert stellt eine insgesamt schwächer werdende Tendenz dar. 150000 Besucher im Jahr: „Das ist schon länger vorbei.“ 2016 verlor er 15 Prozent, nach einer leichten Erholung 2017 folgte der „Tiefstand“ 2018. Seit Mitte der 1990er-Jahre war es laut Rahnert das schlechteste Kinojahr. „Damit hat keiner gerechnet“, sagt Hollywood am Inn-Betreiber Trettenbacher. „In den zwölf Jahren unseres Bestehens war es das schlechteste Jahr.“

Einer der Gründe ist hausgemacht: Es fehlten die ganz großen Kassenschlager. Kein Twillight, kein Harry Potter, James Bond, Star Wars. „Die brauchen wir“, sagt Trettenbacher. „Und wenn die versagen wird es schwierig“, sagt Rahnert. Für heuer ist Mühldorfs Kinobetreiber zuversichtlicher, denn die großen Kinoreihen aus den USA kommen wieder, dazu der neue Eberhofer-Krimi „Leberkas-Junkie“, einer der ganz großen Kassenschlager.

Zum hausgemachten Problem der Filmbranche kommt ein ganzer Mix von Schwierigkeiten: Netflix-Serien, Filme, die preiswert daheim gestreamt werden können, das sehr gute Wetter im April und Oktober, laut Rahner „sonst gute Kinomonate“, und die Fußball-Weltmeisterschaft. „Früher hat man in dieser Zeit wenigstens Frauenfilme anbieten können. Seit dem Sommermärchen 2006 sind die Frauen mit auf der Fußball-Partymeile.“

Wie können die Kinos reagieren? Thomas Trettenbacher sagt: „Wir werden in Zukunft gezwungen sein, die Spielbreite zu erweitern und in neue Technik zu investieren.“ Für Mühldorf gilt außerdem: „Wir müssen über den Bau von weiteren Sälen nachdenken.“

Einen Weg will Thomas Rahnert nicht gehen: „In der Großstadt geht der Trend zum Luxuskino, was entsprechend teuer ist.“ In einer Stadt wie Waldkraiburg sehe er darin nicht den richtigen Weg. „Bei uns soll das Kinoerlebnis auch für Familien noch erschwinglich sein.“

Spielbreite erweitern: Das versuchen beide Kinos seit Jahren. Arthousefilme laufen in beiden Filmtheatern, in Waldkraiburg gibt es eine Vielzahl von Reihen, beide Kinos versuchen sich in der Zusammenarbeit mit Partnern. Als Beispiel nennt Rahnert den Bergsteigerfilm „Free Solo“ zusammen mit dem Alpenverein. Das Mühldorfer Kino überträgt seit zwei Jahren sehr erfolgreich Opern aus der New Yorker Met, die 2000 Besucher können den Jahresschnitt aber nicht ausgleichen.

Bei Thomas Trettenbacher klingt Ernüchterung durch, wenn es um Programmalternativen jenseits der Blockbuster geht. In den Vorstellungen der Arthouse-Reihe sitzen höchstens 40 Zuschauer, mal sind es nur fünf. „Die Kunden fordern diese Filme, wenn sie dann angeboten werden, ist die Zahl der Besucher äußerst gering und weit entfernt von rentabel. Was das Kino jedoch nicht davon abhält, daran festzuhalten in der Hoffnung, dass es sich etabliert.“

Um vor allem junge Leute vom Netflix-Sofa in den Kinosessel zu holen, setzten beide Kinobetreiber auf das, was Rahnert „Event-Kino“ nennt. Zuletzt etwa, zum Start des neuesten Streifens der Avenger-Reihe, gab es ein Double-Feature bis 3 Uhr. „Die Resonanz war positiv.“ Im Januar gab es eine „Tabaluga“-Party für Kinder oder der Faschingskehraus mit der Faschingsgesellschaft Waldburgia. Auf diese Weise wolle das Cinewood seine Attraktivität steigern oder zumindest halten.

In Mühldorf soll ein neues Lokal im Kino helfen, ein mexikanisches Restaurant zieht dort bald ein, ein Angebot, dass es in Mühldorf noch nicht gibt. Trettenbacher hofft, dass nach Tacos und Enchiladas der Weg zu Cola und Popcorn im Kino nicht mehr weit ist.

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