Auszeichnung für mutige Frauen

von Redaktion

Gegen Sexismus: „Time“ kürt Menschen hinter #MeToo-Bewegung zur „Person des Jahres“

Von Johannes Schmitt-Tegge

New York – Harvey Weinstein. Kevin Spacey. Louis C.K. Charlie Rose. James Levine. Gerade einmal zwei Monate sind die Vorwürfe wegen sexueller Übergriffe gegen Filmmogul Weinstein alt, seitdem kommt das US-Entertainment nicht mehr zur Ruhe. Kaum eine Woche vergeht ohne neue Berichte aus der Film-, Fernseh- oder Medienwelt. Auch in Politik und Wirtschaft, in Wissenschaft und Sport und über die USA hinaus wird offen über Missbrauch, Sexismus und Macho-Kultur gesprochen, teils mit drastischen Folgen für die mutmaßlichen Täter. Nun hat das „Time“-Magazin die Frauen und Männer, die die #MeToo-Bewegung ins Rollen brachten, gebündelt zur „Person des Jahres“ 2017 gekürt.

„The Silence Breakers“ (diejenigen, die ihr Schweigen brechen), titelte das bald 100 Jahre alte Gesellschaftsmagazin am Mittwoch – und zeigt auf dem Cover diejenigen, die mit teils haarsträubenden Berichten an die Öffentlichkeit gingen. Schauspielerin Ashley Judd ist dabei, die die Affäre um Weinstein gemeinsam mit anderen Frauen ins Rollen brachte – Weinstein weist die Vorwürfe zurück. Sängerin Taylor Swift, die einen Radiomoderator für einen Po-Grapscher erfolgreich verklagte, ist ebenfalls abgebildet. Erwähnt wird auch die deutsche Grünen-Politikerin Terry Reintke, die in einer persönlichen Rede im EU-Parlament von Missbrauch berichtet hatte.

Prominente Gesichter wie Judd und Swift mögen die Bewegung symbolisch anführen. Doch sie besteht aus Frauen und Männer aus allen Gesellschaftsbereichen, Schichten, Einkommensgruppen und Ländern der Welt, schreibt „Time“. „Sie arbeiten möglicherweise auf Feldern in Kalifornien oder am Empfang in New Yorks Regal Plaza Hotel oder im Europäischen Parlament. Sie sind Teil einer Bewegung, die keinen offiziellen Namen hat. Aber jetzt haben sie eine Stimme.“

Um die Spannweite zu verbildlichen, lud „Time“ Missbrauchsopfer zum Gespräch, deren Lebenswege unterschiedlicher kaum sein könnten: Dabei waren eine mexikanische Feldarbeiterin unter dem Pseudonym Isabel Pascual und eine Krankenhaus-Angestellte aus Texas. Die hochschwangere Software-Entwicklerin Susan Fowler kam ebenfalls dazu, die den von Sexismus geprägten Alltag beim Fahrdienstanbieter Uber beschrieben und Uber-Chef Travis Kalanick damit aus dem Amt getrieben hatte.

Was diese Betroffenen eint, sind der Ekel, die Angst und die Scham nach sexuellen Übergriffen. Es sind „anzügliche Kommentare, erzwungene Küsse, opportunistische Grapscher über Jahre“, schreiben die Autoren der Titelstory. Und auch die Fragen, die die Missbrauchsopfer nach der jeweiligen Tat plagten, seien dieselben: „Hat sie das irgendwie herausgefordert? Hätte sie es abwehren können? Bauscht sie das Ganze auf?“ Sechs Wochen lang hatte „Time“ Dutzende Betroffene befragt. Fast alle hätten eine „vernichtende Angst“ davor gehabt, die Fälle zu melden.

Weinstein mag der wirkliche Dammbruch gewesen sein, doch Thema waren Sexismus und Missbrauch das ganze Jahr über. Zu verdanken haben die USA das keinem Geringeren als Präsident Donald Trump, der schon im Wahlkampf mit derben Kommentaren aufgefallen war.

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