Voll aufs Knie: Rettung für den Meniskus

von Redaktion

Die Menisken sind die Stoßdämpfer des Knies: Die halbmondförmigen Scheiben schützen das Gelenk. Doch was tun, wenn ein Sportunfall oder Verschleiß zu Rissen führt? Unsere Experten klären die wichtigsten Fragen.

VON ANDREA EPPNER

Der Fußball scheint zum Treten nah, der Spieler auf dem Feld setzt zum Schuss an. Oberkörper und Bein drehen sich mit großem Schwung. Nur der Fuß kann der Bewegung nicht folgen: Der hängt nämlich fest – die Stollen am Schuh haben sich im Rasen verhakt. Der Spieler spürt einen heftigen Schmerz im Knie und stürzt zu Boden.

Ein typischer Sportunfall, bei dem es oft auch den Meniskus übel erwischt: „Ein Klassiker“, sagt Privatdozent Dr. Matthias Feucht. Er ist Oberarzt an der Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie am Klinikum rechts der Isar in München, die von Chefarzt Prof. Andreas Imhoff geleitet wird. Was Betroffenen hilft, erklären die beiden Experten hier.

Wozu sind die Menisken im Knie überhaupt gut?

Sie stellen sicher, dass im Knie alles rund läuft. Denn selbstverständlich ist das nicht. Im Knie treffen Gelenkflächen zusammen, die schlecht zusammenpassen: Das untere Ende des Oberschenkelknochens ist abgerundet, das Gegenstück am Schienbein flach. „Die Menisken schaffen einen Ausgleich“, erklärt Feucht. Das sind zwei halbmondförmige Scheiben in jedem Knie, die außen höher sind und zur Kniemitte wie Keile schmaler werden. Der Innen- und der Außenmeniskus stabilisieren das Knie und dämpfen Stöße ab. Das schaffen sie, weil sie aus Kollagenfasern und Wasser bestehen – das macht sie stabil und elastisch zugleich. Damit schützen sie auch die Knorpelschicht, die den Knochen im Gelenk umhüllt.

Versucht man darum, verletzte Menisken zu retten?

Ja. Fehlen sie, führe das nämlich „mittelfristig zu Arthrose“, sagt Feucht. Der Knorpel verschleißt also früh, Entzündungen folgen – bis das Gelenk so zerstört ist, dass ein künstlicher Ersatz her muss. Um das zu verhindern, versuche man, so viel Meniskusgewebe zu retten wie möglich, erklärt Imhoff.

Entstehen Verletzungen nur bei Sportunfällen?

Nein. Nicht nur die extremen Kräfte bei einem Unfall, sondern auch lange anhaltende Belastung schadet dem Gelenk: Wer also viel auf Knien arbeitet, wie der Fliesenleger, verlangt diesen viel ab: Wie ein Schwamm werden die Menisken dabei gequetscht und verlieren Wasser, erklärt Imhoff. Dadurch werden sie früher spröde und verändern ihre Struktur. Das geschieht auch, wenn Menisken altern. Risse können dann spontan oder schon bei einem leichteren Unfall entstehen.

Was sollte man direkt nach einem Unfall tun?

Wer Schmerzen im Knie hat, aber auftreten und das Gelenk bewegen kann, könne zunächst abwarten, sagt Feucht. Dann sollte man das Knie kühlen, das Bein hochlagern und sich schonen, also: erst mal keinen Sport und auch kein Unkraut jäten auf Knien. Sind die Knieschmerzen nach ein paar Tagen nicht weg, sollte man zum Arzt. Das gilt auch, wenn diese nur bei bestimmten Bewegungen auftreten – etwa beim Aufstehen oder In-die-Hocke-Gehen.

Wann muss man sofort zum Arzt?

Wenn sich das Knie nach dem Unfall nicht bewegen lässt, der Betroffene nicht auftreten kann oder das Knie sehr dick wird: „Das ist ein Hinweis darauf, dass es akut in das Knie eingeblutet hat“, sagt Feucht. Dann sollte man das Bein gar nicht belasten und noch am gleichen Tag in die Notaufnahme oder Spezialambulanz. Hinter solchen Symptomen könnte ein „Korbhenkelriss“ stecken. Dabei reißt der Meniskus, ein Stück davon klappt um und wird im Gelenk eingeklemmt – das Knie blockiert. Das müsse innerhalb von ein bis zwei Tagen operiert werden, sagt Feucht. Solche Fälle sind aber selten. Meist habe man jedoch deutlich mehr Zeit.

Wie klärt man, ob der Meniskus verletzt ist?

Zunächst befragt er den Patienten zu seinen Beschwerden. Es folgen einfache klinische Tests: Der Arzt prüft dabei durch leichtes Drehen und Beugen des Knies, wie dieses reagiert. Ein Röntgenbild verrät, ob es auch Schäden an den Knochen gibt. „Die Menisken sieht man damit nicht“, sagt Feucht. Dazu braucht es eine Magnet-Resonanz-Tomografie, eine MRT. Diese zeigt praktischerweise nicht nur, ob die Menisken verletzt sind. Sie macht auch Sehnen und Bänder sichtbar. Denn gerade, wenn das Knie bei einem Sportunfall stark verdreht wurde, ist oft nicht nur der Meniskus verletzt. Häufig ist dann auch ein Kreuzband gerissen oder angerissen. Das muss dann natürlich entsprechend mitbehandelt werden, damit im Knie später wieder alles rund läuft. Generell sei es wichtig, das Knie als Ganzes zu beurteilen, sagt Imhoff. „Dass auch etwas anderes als der Meniskus hinter Schmerzen stecken kann, wird oft übersehen.“ Doch gerade bei Patienten ab dem mittleren Lebensalter können auffällige MRT-Bilder zu einer vorschnellen Diagnose verleiten: So habe eine Reihenuntersuchung an über 50-Jährigen gezeigt, dass jeder dritte degenerative Risse hatte. Aber: Sie hatten keine Beschwerden. Knieschmerzen können also viele andere Ursachen haben.

Wie behandelt man Meniskus-Verletzungen?

Eine Operation ist längst nicht immer nötig. „Es wird zu viel und zu schnell operiert“, warnen beide Experten. Das gelte besonders für ältere Patienten: Bei ihnen besteht die Option oft nur darin, Teile oder den ganzen Meniskus zu entfernen. Und: Kleinere Risse im Meniskusinneren oder am Rand heilen oft auch ohne Eingriff, wenn man den Körper durch eine konservative Behandlung, also durch Physiotherapie, unterstützt.

Wann lässt sich der Meniskus reparieren?

Das klappt vor allem bei jüngeren Patienten gut: Größere Risse werden dann mittels einer arthroskopischen Operation genäht. Dazu sind nur zwei Minischnitte nötig, durch die eine kleine Kamera und die Instrumente eingeführt werden. Die Gelenkkapsel wird nicht geöffnet. Manchmal sei aber ein fünf bis sieben Zentimeter langer Hautschnitt nötig, um die Fäden zu verknoten, sagt Feucht. Die Erfolge mit dieser Methode sind gut – wenn Patienten ihrem Knie Zeit zum Heilen geben: Nach zwei Wochen Schonung können sie bei der Physiotherapie langsam die Belastung steigern. Erst nach drei Monaten dürfen sie wieder mit vollem Einsatz Sport treiben. „Davor schrecken viele Patienten zurück“, sagt Imhoff. Dabei ist diese Zeit gut investiert. Leider funktioniert die Methode immer schlechter, je älter die Patienten werden: Bei über 60-Jährigen sei der Meniskus so spröde, dass Nähte oft nicht halten und Risse schlecht heilen. Eine fixe Altersgrenze gibt es allerdings nicht. „Es kommt immer auf das biologische Alter und den Zustand des Knies an“, sagt Feucht.

Was, wenn der Meniskus zu stark zerstört ist?

Reicht eine Teilentfernung nicht aus, muss der Meniskus raus. Ist der Patient jung, hat keine beginnende Arthrose und auch keine X- oder O-Beine, kann man es mit einem künstlichen Meniskus-Ersatz versuchen: Der besteht oft aus dem Kunststoff Polyurethan (kleines Foto). Er bildet ein poröses Gerüst, in das körpereigene Zellen einwandern und ein Ersatzgewebe bilden sollen. Aber: Bei etwa einem Drittel der Patienten klappt das nicht. Immerhin profitieren 60 Prozent der Behandelten davon, die Hälfte von ihnen sogar sehr gut. Wer sich dafür entscheidet, braucht Geduld: Sechs Wochen lang dürfen Patienten das Gelenk nicht belasten, normal sporteln ist frühestens nach einem halben Jahr erlaubt.

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