Abschied von Wintersternbildern

von Redaktion

VON HANS-ULRICH KELLER

Nach der Umstellung auf Mitteleuropäische Sommerzeit Ende März wird es nun abends erst spät dunkel. Hoch über unseren Köpfen sieht man nach Einbruch der Nacht den Großen Wagen, fast im Scheitelpunkt oder Zenit des Himmelsgewölbes. Vom Großen Wagen ausgehend findet man schnell den Polarstern. Man verlängert die Strecke zwischen den beiden hinteren Kastensternen etwa fünfmal nach oben. Dann trifft man auf den Polarstern, auch als Nordstern bekannt. Er steht nämlich ganz in der Nähe des Himmelsnordpols, um den sich das Himmelsgewölbe mit allen Gestirnen täglich dreht.

Der Polarstern ist nicht der hellste Stern am Firmament. Seine Helligkeit ist ähnlich der Helligkeit der Wagensterne, weshalb er gut zu erkennen ist. Der Polarstern hilft, die Himmelsrichtungen zu finden. Blickt man zu ihm, so ist das Gesicht nach Norden gerichtet. Linker Hand ist Westen, rechter Hand Osten und im Rücken ist Süden. Der Nordstern ist in jeder klaren Nacht stets an derselben Stelle zu finden. Der mittlere Stern in der Deichsel des Großen Wagens heißt Mizar und dient als Augenprüfer. Normalsichtige sollten neben Mizar ein lichtschwaches Sternchen sehen, Alkor oder das Reiterlein genannt. Denn Alkor reitet gewissermaßen auf der Deichsel des Großen Wagens.

Der Polarstern steht am Deichselende des Kleinen Wagens. Außer ihm und den beiden hinteren Kastensternen sind die übrigen Sterne des Kleinen Wagens deutlich lichtschwächer als die des Großen Wagens. An ihnen kann man prüfen, inwieweit die Licht- und Luftverschmutzung zugenommen hat.

Wie ein riesiger Zeigefinger deutet die Deichsel des Großen Wagens auf einen hellen, orangen Stern am Osthimmel. Er wird Arktur, der Bärenhüter, genannt und ist der hellste Stern im Bild des Bootes, des Rinderhirten. Arktur ist 37 Lichtjahre von uns entfernt. Bootes treibt die sieben Wagensterne um den Himmelspol, wie ein Hirte die Ochsen um einen Göpel – eine Kraftmaschine, bei der etwa Tiere im Kreis herumlaufen und so zum Beispiel eine landwirtschaftliche Maschine antreiben. Die alten Römer sahen nämlich die sieben Wagensterne als Ochsen an, die wie Dreschochsen um den Göpel traben, der durch den Polarstern markiert wird. Sie nannten die Wagensterne Septemtriones, die sieben Ochsen. Die Bezeichnung Septemtriones galt bei ihnen auch als Synonym für Norden.

Den Südhimmel beherrscht der Löwe. Er ist das Leitsternbild des Frühlingshimmels. Ein großes Sterntrapez markiert den Rumpf dieses königlichen Tieres, ein kleines, aufgesetztes Trapez den Kopf mit der Mähne. Der Hauptstern des Löwen heißt Regulus, was so viel wie kleiner König bedeutet. Im Südosten ist das Sternbild Jungfrau aufgegangen mit ihrer bläulichen Sonne Spica.

Die Wintersternbilder haben weitgehend das Feld geräumt. Orion ist untergegangen, Sirius ist von der Himmelsbühne abgetreten. Im Südwesten erinnert noch Prokyon im Kleinen Hund an Wintertage. Noch relativ hoch im Westen steht das Brüderpaar der Zwillinge. Die helle Kapella im Fuhrmann blinkt im Nordwesten.

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