Er misst etwa 15 mal 10 Zentimeter, ist gelb, meist ziemlich zerfleddert – und beim letzten Umzug verloren gegangen. Wissen Sie, was ich meine? Genau, den Impfausweis! Wenn ich meine Patienten danach frage, wissen die wenigsten auf Anhieb, wo er sich befindet. Doch dieses kleine Büchlein ist eigentlich genauso wichtig wie der Personalausweis – oder jedes andere offizielle Dokument.
Denn: Nicht dokumentiert gilt ganz streng genommen als „nicht geimpft“. Und das bedeutet, es reicht keine Auffrischung, sondern es braucht wieder mehrere Impfungen – bis ein ausreichender Schutz vorhanden ist. Andererseits gilt: „Jede Impfung zählt.“ Das heißt, auch wenn eine begonnene Impfserie unterbrochen ist, muss nicht von vorne angefangen werden – sondern man muss nur die fehlenden Impfungen komplettieren.
Prinzipiell unterscheidet man Standardimpfungen von sogenannten Indikationsimpfungen. Letztere werden nur bestimmten Personengruppen, zum Beispiel bei beruflicher Gefährdung, empfohlen. Auch Reiseimpfungen zählen dazu. Im Gegensatz zu den Standardimpfungen werden die Kosten für Indikationsimpfungen nur von manchen Krankenkassen übernommen.
Einige Impfungen sollten im Erwachsenenalter in regelmäßigen Abständen aufgefrischt werden. Alle zehn Jahre Tetanus und Diphtherie (einmalig kombiniert mit Keuchhusten) sowie alle fünf Jahre und ab 60 Jahren alle drei Jahre die „Zeckenimpfung“ gegen FSME. Diese wird vor allem Personengruppen empfohlen, die in „Hochrisikogebieten“ Zecken exponiert sind. In Deutschland zählen dazu fast ganz Bayern, Baden-Württemberg sowie verschiedene Regionen in Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen und Thüringen. In der Kindheit begonnene und nicht zu Ende geführte Impfserien sollten im Erwachsenenalter vervollständigt werden.
Das Thema Impfen führt immer wieder zu sehr hitzigen und kontrovers geführten Diskussionen. Doch ganz objektiv und ohne jegliche Emotionen betrachtet, gehört Impfen zu den sinnvollsten und vor allem effektivsten präventiven Maßnahmen von allen. Sicherlich ist eine Impfung nicht zu 100 Prozent nebenwirkungsfrei. Aber: Wenn, dann kommt es meist nur zu leichten Beschwerden wie Schmerzen an der Einstichstelle, selten etwas Unwohlsein, unter Umständen erhöhte Temperatur für ein bis zwei Tage. Schwere Nebenwirkungen sind im Vergleich zu der Anzahl an durchgeführten Impfungen eine Rarität.
Wichtig ist, dass die Indikation stimmt – und vor der Impfung eine gute Anamnese erhoben wird. Abwehrgeschwächten Patienten dürfen keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden, also zum Beispiel die Masern-Mumps-Röteln-Impfung. Ebenso sollten die Patienten keinen Infekt oder Fieber haben. Auch gilt es, allergische Reaktionen aus der Vergangenheit abzufragen.
Wenn die Impfbereitschaft in der Bevölkerung höher wäre, so könnten manche Erkrankungen, etwa die Masern, längst ausgerottet sein. Eine Erkrankung, die nicht selten zu schwersten, manchmal gar tödlichen Komplikationen, insbesondere bei Kindern führt. Die Nebenwirkungen einer Masern-Impfung sind im Vergleich deutlich geringer.
Zum Glück darf bei uns jeder selbst entscheiden, was gut für ihn ist. Aber mangelnde Aufklärung und die Annahme unzutreffender Tatsachen sollten nicht zu falschen Entscheidungen führen. Deshalb: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt!
Der hausärztlich tätige Internist mit Praxis in Krailling (Kreis Starnberg) schreibt heute über ein besonders wichtiges Thema: Impfen.