Schneeweiß hebt er sich ab vom grauen Koloss des benachbarten Pergamon-Museums und ragt wie schaumgeboren leuchtend aus der Spree herauf: der Neubau, der die Berliner Museumsinsel vollendet, die James-Simon-Galerie. Architekt David Chipperfield ist ein Meisterwerk gelungen. Auf der Insel hatte er bereits das schwer kriegsgeschädigte Neue Museum wiederhergestellt und mit modernen Facetten versehen. Nun weist die Galerie voll und ganz ins 21. Jahrhundert. Sie wird künftig als zentrales Eingangsgebäude für alle Insel-Museen dienen. Das Grundstück, das als letzter freier Fleck zur Verfügung stand, ist denkbar schmal. Das neue Haus mit respektabler Freitreppe und schlanken, mit Marmorstaub übergossenen Betonpfeilern verfügt über eine Grundfläche von 10 900 Quadratmetern. Die Galerie beherbergt einen Raum für Sonderausstellungen, ein Auditorium, Restaurant mit Sonnenterrasse zur Spree sowie einen Museumsshop. Dazu gehört außerdem die Archäologische Promenade, die in Zukunft zu sämtlichen Museen führen wird. Gegenwärtig sind über die James-Simon-Galerie allerdings nur erst das Pergamon- und das Neue Museum zu erreichen.
Aber wer war James Simon? In Berlin bis vor wenigen Jahren und in der breiten Öffentlichkeit wohl bis heute unbekannt. Eines der peinlichsten Kapitel der Stadt. Denn James Simon (1851-1932) war der größte Mäzen der Staatlichen Museen zu Berlin. Als Sohn einer jüdischen Fabrikantenfamilie, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem der erfolgreichsten Baumwoll-Großhandelsunternehmen in Europa aufstieg, führte Simon nicht nur die Geschäfte, sondern stiftete sein Geld oft für die Kunst, für archäologische Ausgrabungen und soziale Projekte. Unzählige Objekte überließ er den Museen. Sein großzügigstes Geschenk: die Nofretete. Auch noch nach der Nazi-Barbarei vergessen über Jahrzehnte, ist nun mit dem Neubau der Galerie die Erinnerung an den jüdischen Großbürger James Simon geweckt worden. Sie sollte endlich Anfang dafür sein, die vielen anderen jüdischen Mäzene Berlins öffentlich zu würdigen. SABINE DULTZ