Martin Kušej, scheidender Intendant des Münchner Residenztheaters, setzt als künftiger Chef des Wiener Burgtheaters auf Regisseure aus ganz Europa. „Davon kann man gerne ableiten, dass mich der europäische Gedanke vor allem im theatralischen, künstlerischen Zusammenhang interessiert“, meinte der 57-jährige Österreicher, der zur neuen Spielzeit nach Wien wechselt. Auch Vielsprachigkeit auf der Bühne sei einen Versuch wert. Er habe in Europa so viele faszinierende Schauspieler getroffen, dass es ihn nicht stören würde, wenn deren Deutsch einen Akzent hätte. „Oder dass sie gar ganz in einer anderen Sprache spielen“, meinte Kušej. Der neue Wiener Intendant hat nach eigenen Worten 19 von 65 Verträgen mit Schauspielerinnen und Schauspielern an der Burg nicht verlängert. Aus München werde er zehn, elf Darsteller mitnehmen. „Ein paar Spielerinnen und Spieler kommen – wie gesagt – nicht aus dem deutschen Sprachraum, sondern aus Island, aus Italien oder Israel.“ Namen nannte Kušej allerdings nicht.
Ferdinand von Schirach hat Nachfahren früherer NS-Funktionäre aufgerufen, Raubkunst in ihrem Besitz offenzulegen. Es sei Zeit, dass dieses dunkle Kapitel aufgearbeitet werde, sagte der Schriftsteller (Foto: dpa) bei der Präsentation einer Untersuchung über die Beteiligung seines Großvaters, des NSDAP-Funktionärs Baldur von Schirach, und seiner Großmutter Henriette am Raub von Kunst aus jüdischem Besitz. Der Autor, der vergangenen Mittwoch sein Buch „Kaffee und Zigaretten“ in den Münchner Kammerspielen vorstellte, hatte die Studie beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Auftrag gegeben und selbst finanziert (wir berichteten). Demnach hat seine Großmutter nach dem Zweiten Weltkrieg fast alle Kunstobjekte und Möbel zurückbekommen, die der Familie von den Alliierten entzogen worden waren. „Dieses Ergebnis ist niederschmetternd“, sagte von Schirach. Henriette habe damit ein zweites Mal Schuld auf sich geladen. Er selber, aber auch Familienmitglieder, hätten von den Werken, die großteils von „bedenklicher“ Herkunft seien, nichts erhalten. Nach der Scheidung seiner Eltern habe er den Kontakt zum Vater verloren – und sei von diesem nicht im Erbe bedacht worden. Sein Großvater Baldur von Schirach (1907-1974) war NS-Reichsjugendführer sowie von 1940 bis 1945 Gauleiter und Reichsstatthalter in Wien und damit entscheidend an der Deportation von Juden beteiligt. Die Untersuchung in Zusammenarbeit mit dem Münchner Zentralinstitut für Kunstgeschichte erfasst 132 Kunstwerke, 70 Möbel sowie 490 Bücher. Mindestens vier Werke sind Raubkunst, 45 weitere stehen unter Verdacht. dpa