Groß, rund und ehrwürdig steht er im Dämmerlicht: Mit dem alten Globus, den sie in ihrer Schatzkammer präsentiert, zeigt die Bayerische Staatsbibliothek nicht nur, dass sie ein „global player“ unter den Institutionen ihrer Art ist. Die 500 Jahre alte Weltkugel erinnert auch daran, dass die Globalisierung schon vor einem halben Jahrtausend begann. Damals, im Zeitalter der Seefahrer und Entdecker, gingen die Geografen dazu über, neben zweidimensionalen Weltkarten auch solche in Kugelform herzustellen. Und dank der Vervielfältigungstechnik des Kupferstichs konnte der berühmte Geograf Gerhard Mercator seinen Weltglobus ab 1541 sogar in Serie fertigen. Ein schön erhaltenes Exemplar davon kann man jetzt eben in der „Stabi“ bewundern. Eigentlich gehört es der Provinzialbibliothek Amberg, aber wie bereits berichtet, zeigt die Münchner Zentrale in ihrer Ausstellungsreihe „Gott, die Welt und Bayern“ seit vergangenem Herbst besondere Schmuckstücke aus ihren zahlreichen Zweigstellen in ganz Bayern.
Der zweite Teil dieser Schau, der soeben eröffnet wurde, könnte fast auch „Die Vermessung der Welt“ heißen, präsentiert er doch unter dem Titel „Aus Orient und Okzident“ nicht nur Bücher, sondern vor allem faszinierende, oft prächtig gestaltete Karten sowie Globen des 16. und 17. Jahrhunderts. Dabei wird rasch klar: Nicht bloß die gesamte Weltkugel rückte damals in den Blick, sondern man begann quasi auch schon nach den Sternen zu greifen. Von Gerhard Mercator gibt es nämlich auch einen 1551 erschienenen Himmelsglobus in der gleichen Größe wie seine Erdkugel, der die Sternbilder in ihrer Stellung am Firmament zeigt.
Auf jeden Fall hatte sich damals also längst herumgesprochen, dass die Erde keine Scheibe, sondern eine Art Ball ist. Wirklich unerhört und revolutionär war hingegen Nikolaus Kopernikus’ Behauptung, die Erde drehe sich um die Sonne und nicht umgekehrt die Sonne um die Erde, wie man bisher angenommen hatte und doch täglich beobachten zu können meinte. Das Buch, in dem der Astronom seine neue Erkenntnis mit mathematischer Genauigkeit belegt, trägt den sperrigen lateinischen Titel „De revolutionibus orbium coelestium“ (etwa: Über die Umdrehungen der Himmelskreise) und wurde 1543 gedruckt. Weltweit gibt es von dieser Erstausgabe, der wir letztlich unser heutiges, gleichsam revolutioniertes Weltbild verdanken, noch 258 Exemplare. Eines davon befindet sich in der Staatlichen Bibliothek Passau und ist jetzt für geraume Zeit in der Ausstellung zu Gast.
Aber nicht nur in ferne Welten oder gar himmlische Sphären strebten die Wissenschaftler und Kartografen damals. Vielmehr fassten sie – wie schon die Künstler der Renaissance fast hundert Jahre zuvor – auch ihr Umfeld auf neuartige Weise ins Auge. Besonders faszinierend ist hier ein Druck, der die Umgebung der Stadt Nürnberg aus der Vogelperspektive zeigt, mit Äckern, Dörfern und Wegen. Was beweist, dass Google Maps, zumindest im Prinzip, auch keine ganz neue Erfindung ist.
Bis 7. April,
Mo.-Fr. 11-18 Uhr, So. 13-17 Uhr; Katalog: 19 Euro; der Eintritt ist frei.