Jahrespressekonferenzen, egal von welcher Institution auch immer, wollen nicht nur zu den kommenden Programmen informieren, sondern auch Bilanz ziehen. Bei der Städtischen Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau fiel das Münchens Kulturreferent Hans-Georg Küppers leicht. Er durfte verkünden, dass rund 300 000 Besucher empfangen wurden und sich Museen weltweit um Leihgaben aus dem Lenbachhaus reißen. 797 Werke wurden verschickt – von London bis New York: ein Rekord und sehr gut für die „Reputation“, wie Küppers anmerkt.
Die wird noch mehr steigen, wenn die Online-Präsenz der Lenbachhaus-Sammlungen zwischen 19. Jahrhundert, „Blauem Reiter“ und aktuellen Strömungen erst ins allgemeine Bewusstsein gesickert ist. 1000 repräsentative Objekte können jetzt inklusive einer Vielzahl von Personendaten abgerufen werden. Für die kommenden Jahre strebt man die Zahl 35 000 an. Das Erstellen der Digitalisate hört sich nach Sisyphos-Arbeit an, muss aber wohl sein. Beim Kubin-Archiv ist man bei 80 000 Scans, beim Lenbach-Archiv bei 50 000. „Wir wollen das kulturelle Erbe unseres Hauses sichtbar machen“, betonte der Kulturreferent.
Bevor Lenbachhaus-Chef Matthias Mühling seine Knaller für 2019 auspackte, strich er noch die Vermittlungsarbeit seines Museums heraus. Sie sei erst seit 2014 so richtig losgegangen und habe seitdem 1000 Veranstaltungen realisiert. Man ziehe außerdem die Mitmach-Aktivitäten immer mehr in die aktuell laufenden Ausstellungen, wie eben gerade im Kunstbau. Dort kann man unter dem Motto „Weltempfänger“ die Pionierinnen der Abstraktion Georgiana Houghton, Hilma af Klint und Emma Kunz entdecken (bis 10. März 2019).
Mit einem Künstler, dessen Blätter unter den Neuerwerbungen sind, mit Alexander von Salzmann nämlich, leitete Mühling zu Marianne von Werefkin über. Der Mann war unglücklich in die russische Ausnahmemalerin und -persönlichkeit verliebt. Sie ließ jedoch nicht von ihrem Alexej von Jawlensky ab – obwohl der doch ein Dauer-Gspusi hatte. Das Lenbachhaus zeigt erstmals überhaupt eine Ausstellung, die sich mit dem Paar und seinen Innovationen für die Moderne beschäftigt: „Lebensmenschen – Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin“ (22. Oktober 2019 bis 16. Februar 2020). Da werden die Besucher strömen.
Viel überraschender ist die andere Paarung, die die Städtische Galerie unter dem Titel „Body Check – Martin Kippenberger und Maria Lassnig“ analysiert (21. Mai bis 15. September 2019). Beide sind für Matthias Mühling herausragende Vertreter der Körperbewusstseins-Malerei. Phänomenal ist Lassnigs Können, allein das rechtfertigt jede Schau. Beide beeindrucken durch ihren schwarzen, selbstironischen Humor, der den Künstler nicht als Genie feiert, sondern ihn als hinfälligen Menschen schildert, der sich wie alle durchs Leben wurstelt. Körperlichkeit ist genauso der Performerin und Bildhauerin Senga Nengudi wichtig (17. September 2019 bis 19. Januar 2020). Und sie geht ebenfalls mit schlitzohrigem Witz vor: Ihr Hauptmaterial sowohl für Bewegungskunst wie für Skulptur ist die Nylonstrumpfhose. Nengudi macht damit jede Überraschung möglich.
Noch deutlicher als sie überspringt das Projekt „Prekärotopia. Ein prekäres Singspiel – Vom utopischen Versuch, gemeinsam zu verändern“ die Gattungsgrenzen (31. März bis 22. April). Beate Engl, Leonie Felle und Franka Kaßner präsentieren ihre Installation und die Aufführungen bei freiem Eintritt. Freiheit in einem anderen Sinn suchten die Bilder-Macher im 19. Jahrhundert, die das Atelier flohen. Die Christoph Heilmann Stiftung und das Münchner Stadtmuseum vereinen sich im Lenbachhaus und lassen zwei visuelle Medien in einen Dialog einsteigen. In „Natur als Kunst. Landschaft im 19. Jahrhundert in Malerei und Fotografie“ (19. März bis 18. August) erleben wir die pointierte Aussage der Ölskizze und, wie das Kameraobjektiv unseren Blick lenkt.