Alles herrlich gaga

von Redaktion

Tine Hagemann und Lorenz Seib bereiteten im TamS dem „Schlimmen Ende“ einen guten Anfang

VON MALVE GRADINGER

Himmel, sind sie komisch: dieser Onkel Jack, heftig skurril altersverwirrt, und Tante Maud mit schrill explodierendem Dachschaden, die gerade im Münchner TamS-Theater Publikumslieblinge wurden. Diese Typen aus „Schlimmes Ende“, Teil I der Eddie-Dickens-Romantrilogie des mit satt britischem Humor schreibenden Philip Ardagh (Jahrgang 1961), sind ja schon schräg genug. Aber als Handpuppen, ergänzt vom kleinen Helden Eddie Dickens, erspielen sie, weil subtil geführt, ein oberschräges Comic-Märchen.

Das Regie- und Spiel-Duo Tine Hagemann und TamS-Co-Chef Lorenz Seib hat die Puppen selbst modelliert: Jack, dürr, altersklapprig mit einem liebenswerten Fledermaus-Gesicht, holt mit seiner Kutsche den kleinen Eddie ab, weil seine Eltern – hier zwei „an  den  Rändern gelb-wellige übel riechende“ Wärmflaschen – erkrankt sind. Die Kutschfahrt ist eine von Gattin Maud durchkreischte Achterbahn-Sause ohne Pferd (das hat Jack vergessen). Am Wegesrand  trifft das Trio noch  auf exzentrische Figuren wie den Theaterdirektor Pumblesnook. Und Eddie landet aus Versehen im Waisenhaus „Sankt-Fürchterlich-Heim“. Alles herrlich gaga.

Eddie Dickens – offensichtlich vom Autor augenzwinkernd als Nachfahre der jugendlichen Charles-Dickens-Helden gedacht – gelingt es, mitsamt der anderen Waisen im Bauch einer großen Kuh zu fliehen. Die ist fast realistisch gebastelt aus braunem Pappkarton und die Gruppe der  Heimkinder  eine auf und ab bewegte tanzende Scherenschnittfiguren-Kette. Wie gerne lassen wir uns, inzwischen ja schon zu Hightech-Nutzern degeneriert, von Fantasie aus einfachsten Mitteln verführen. Und was für ein hirn- anregendes Erlebnis ist dieser durchgehende fingerfertige Pas-de-deux von Schauspieler und Puppe. Wobei die Puppenspieler  ja noch die Farben und variierenden Akzente ihrer Stimme dazugeben. Hagemann kann sie runterdrücken  bis zum männlichen Bass. Lorenz ist fit in Kölsch. Und seinen Jack spricht er als leicht nasalen Wiener Komödianten mit weich schnarrendem R. Bei all dem Spaß wird hier liebevoll-komisch die Vergesslichkeit im Alter porträtiert. Ob es ein „Schlimmes Ende“ nimmt? Rausfinden!

Weitere Vorstellungen

bis 23. Dezember jeweils von Fr.-So. um 17 Uhr; ab vier Familienmitgliedern zehn Euro Ermäßigung; Karten: 089/ 34 58 90.

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