Wenn man die Augen schließt, klingt der Regen wie Applaus. Von der Wetterlage her war gestern Abend Augen-Schließen also durchaus angebracht – vom gebotenen Programm dagegen ganz und gar nicht. S’ is nicht so sehr Sommer in der Stadt, dafür aber umso mehr Filmfest. Bis 7. Juli geht’s rund in München – mit allerlei Stars, Weltpremieren, Partys und Empfängen.
Den Anfang machte gestern im Mathäser ein Film über einen Film. Nämlich einen zur „Dreigroschenoper“, Gemeinschaftswerk von Bertolt Brecht und Komponist Kurt Weill. Joachim A. Langs „Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm“ ist mit Hannah Herzsprung, Lars Eidinger, Tobias Moretti und Joachim Król prominent besetzt. Sie alle flanieren gestern über den roten Teppich des Mathäser – um dann im Kinosaal angekommen fröhlich mitzusingen, den Dreigroschenopern-Hit: Die Moritat von Mackie Messer. Nun gut, „noch mit ein paar Brecht’schen Verfremdungseffekten“, kommentiert Moderator Michael Stadler schmunzelnd.
Er führt zusammen mit Festivalleiterin Diana Iljine durch den Abend – wohl um nach der schrägen Moderation von Kabarettist Harry G im vergangenen Jahr auf Nummer sicher zu gehen. Und ärgert mit Späßen wie etwa, das Filmfest-Alternativprogramm zur Fußball-WM anzupreisen. Zum Beispiel die südkoreanischen Werke, die in den nächsten Tagen in München laufen werden. „Aber lassen Sie sich von der leichten Melancholie, die darin vorherrscht, nicht abschrecken. Dass Südkoreaner auch feiern können, haben wir ja gestern gesehen.“
Gleich drei Säle des Mathäser sind gefüllt, alle Cineasten stimmen fröhlich schnipsend mit ein. Auch Ministerpräsident Markus Söder, der anders als sein Vorgänger den Filmfeststart als gern besuchten Pflichttermin empfindet.
Ein Festival, das mit Musik beginnt – wenn das kein gutes Omen ist. Auch im Film selbst gibt’s viel Gesang. Von Król etwa – „ich freue mich, das gleich auf der großen Leinwand zu sehen“, sagt der Schauspieler auf dem roten Teppich. Auch Eidinger ist angetan. „Der Film ist ein besonderes Projekt, denn ich verehre Brecht sehr“, erzählt er. Ist da keine Angst davor, dem so Verehrten nicht gerecht zu werden? „Nein, denn es ist keine Biografie des Dichters“, betont Eidinger. Sondern ein Spiel auf vielen Ebenen.
Robert Stadlober ist froh, dass ausgerechnet mit diesem Werk das Festival beginnt. „Weil wir noch immer die gleichen Fehlgewichtungen in unserer Gesellschaft haben wie zu Brechts Zeiten. Ich weiß nicht, ob der Film das ändern kann, aber man muss es zumindest versuchen.“ Das Publikum jedenfalls zeigt sich begeistert. Jede Menge Applaus am Ende für das ganze Team – nicht nur vom Himmel sondern von den vielen Gästen, die danach noch bis in die Nacht im Bayerischen Hof feierten. Der Anfang ist gemacht. Und wie!
Das Filmfest München
läuft bis 7. Juli. Tickets, Infos zu allen Spielstätten, Gästen und Programm gibt es online unter www.filmfest-muenchen.de.