Sagt Ihnen der Name Richard von der Lancken etwas? Nein? Muss er auch nicht. Richard von der Lancken war einer der vielen, vielen Statisten im 1924 uraufgeführten Stummfilm „Die Nibelungen“. Und er war ganz offensichtlich ins Kino vernarrt und enorm stolz, einen kleinen Beitrag zum großen Epos von Fritz Lang (1890-1976) beisteuern zu können. Seine Begeisterung in den Zwanzigerjahren ist das Glück für uns Filmfans von heute. Von der Lancken dokumentierte seine Einsätze nämlich in einem Fotoalbum, und so kennen wir etwa den kleinen gelblichen Zettel mit dem Hinweis an die Maskenbildner: „Nackter Oberkörper u. Beine gelb schminken“.
Das unscheinbare Papier, das ein bisschen von deutscher Filmgeschichte erzählt, ist nun im Kunstfoyer zu sehen. Dort gastiert die Ausstellung „Die Ufa – Geschichte einer Marke“, die im vergangenen Jahr (damals noch umfangreicher) in der Deutschen Kinemathek in Berlin gezeigt wurde. In sechs Kapiteln erzählt die Schau über einen Zeitraum von 100 Jahren die Entwicklung des Film- und Medienkonzerns. Gegründet im Dezember 1917, wurde die Universum Film AG (Ufa) als Instrument der Kriegspropaganda des Kaiserreichs – heute produziert die Ufa, längst Teil eines international agierenden Medienkonzerns, für den Weltmarkt.
Die Historie des Unternehmens reicht von Lubitschs „Madame Dubarry“ (1919) bis zum TV-Mehrteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ (2013), der einen der wichtigen Emmy Awards gewann. Unter dem Dach der Ufa entstand künstlerisch Wegweisendes und Nazi-Propaganda („Hitlerjunge Quex“, 1933); in den Siebzigerjahren wurde die Firma auch Heimstatt für DDR-Kreative wie Frank Beyer und Jurek Becker, sie entwickelte fürs Fernsehen Daily Soaps („Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, RTL, seit 1992), Shows („Deutschland sucht den Superstar“, RTL, seit 2002) und sogenannte Event-Filme („Der Tunnel“, Sat.1, 2001). Aus dieser überreichen Geschichte haben die Kuratoren Peter Mänz und Klaudia Wick Schwerpunkte ausgewählt. Sie erschlagen den Besucher nicht mit Exponaten, sondern betten Requisiten, Plakate, Werbemittel und Fotografien umsichtig in den jeweiligen Kontext ein.
Diese Zurückhaltung spiegelt sich in der Ausstellungsarchitektur von Frank & Steinert (Berlin): Die sechs Zeit-Räume umfassen – bis auf den ersten und letzten – je rund 20 Jahre Firmengeschichte; hier werden Filmszenen aus der Zeit projiziert, an Bildschirmen lassen sich weitere Informationen abrufen. Das verlangt natürlich Konzentration – der kluge Aufbau des Rundgangs ermöglicht sie dem Besucher. So lässt sich Erstaunliches entdecken – etwa die Plakate zum NS-Streifen „Verräter“ sowie zum Krimi „Gleisdreieck“, beide entstanden 1936. Die Bildsprache jedoch unterscheidet sich enorm von der damals üblichen, wirkt bis heute zeitlos modern. Kein Wunder: Grafiker Peter Pewas studierte auch am Bauhaus.
Übrigens: 2019 feiert die Bavaria Film ihr 100-jähriges Bestehen. Nach dieser Ufa-Schau sind die Erwartungen an die Verantwortlichen in Geiselgasteig gestiegen.
Bis 16. September,
täglich 9-19 Uhr, Eintritt frei,
Maximilianstraße 53,
Katalog, Kerber: 29 Euro;
Telefon 089/ 21 60 22 44.