Selbsterlösung

von Redaktion

„Mutter Sprache“ im Theater Blaue Maus

von malve gradinger

Heroisch – der ganze Abend im Münchner Theater Blaue Maus. Als Nachfolger von Claus und Sigi Siegert muss der seit Herbst 2017 neue Hausherr Robert Spitz erst mal drei Jahre auf eine städtische Jahresförderung warten und stemmte dennoch eine Uraufführung: „Mutter Sprache“ vom vielfach ausgezeichneten Oberpfälzer Autor Werner Fritsch, der zur Premiere angereist war. Heldisch ist auch das Künstler-Ehepaar Monika Manz und Gerd Lohmeyer beim Wagnis mit diesem 90-Minuten-Monolog. Lohmeyer, mit Fritschs (Sprach-)Welt vertraut, seit er dessen „Cherubim“ spielte, hat inszeniert. Und er gibt auch auf dem kargen Lazarettbett die ins Koma gefallene neunzigjährige Mutter, an die Monika Manz als Bauerstochter Magda hinredet.

Den Zuschauer da bei der Stange zu halten – die Manz kann es. Es ist ein monumentales Selbstgespräch, eine verbale Befreiung, eine Art Selbsterlösung von Vergangenem: „Was war’s, das Leben?! Ein Gehetz und ein Gewürg! Ich hab’ mir nichts wie Arbeit derheirat! Ich weiß nur, ich hab’ hier hergehört.“ Und während diese Magda, selbst schon sechzig, behutsam geschäftig den leblosen Körper der Mutter wäscht, ihre Hände eincremt, den Glühbirnchen-Kranz um die Marienstatue einschaltet, lässt sie sich in ihren Erinnerungen treiben: Gedankenbruchstücke an die neun Geschwister, von denen schon einige gestorben sind, an ihre Ehe, ihre eigenen Kinder und Enkel.

Hinter den privaten Kümmernissen und kleinen Freuden, hinter frommer Gottergebenheit und trockener Wirklichkeitsnähe scheinen die Kriegs- und Nachkriegserlebnisse im Dorf auf und finstere Prognosen bis ins Jahr 2048. Monika Manz spielt das, ohne Fritschs lyrisierte Prosa zu zelebrieren. Und so ist ihre aus bäuerlicher Art sprechende Magda uns auch nicht eigentlich fremd. Man kann sich in ihrer Gefühlswelt wiedererkennen. Dennoch: Ein klein wenig mehr hätte Lohmeyer kürzen können. So muss man gegen Ende alle grauen Zellen ermahnen durchzuhalten – für ein Erlebnis von Bühnenkultur auf kleinstem Raum.

Weitere Vorstellungen:

6., 7., 8., 10., 15. und 16. Juni;

Elvirastraße 17 a, Telefon 089/ 18 26 94.

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