Es war nach einer Staatsopern-Aufführung von Mozarts „Figaro“ im November. Da rief der Abendspielleiter seine Kollegin an und verkündete ihr, was er soeben von Intendant Nikolaus Bachler erfahren hatte: „Wir beide inszenieren die Doppelpremiere des Opernstudios.“ Martha Münder und Andreas Weirich waren baff, „in Schockstarre“, wie sie lachend gestehen. Bisher hatten meist renommierte Gastregisseure die Produktionen betreut, jetzt dürfen sie ran. Auf dem Programm: Ernst Kreneks „Der Diktator“ und Viktor Ullmanns „Der zerbrochene Krug“. Premiere ist an diesem Freitag im Cuvilliéstheater.
Rasch stand fest, wer was übernehmen würde. „Ich konzentriere mich gerne auf wenige Figuren, liebe das Kammerspiel und die Tragödie, während Andreas gern mit vielen Personen arbeitet“, sagt Martha Münder. Und ihr Kollege fügt hinzu: „Mich reizt Ullmanns Stück mit seiner speziellen Bitterkeit.“ Da es in beiden Stücken um Macht, Machtmissbrauch, auch um die Erotik der Macht geht, treffen sie 2018 ins Schwarze. Für den 26-minütigen „Diktator“ ließ sich Münder einen beengenden Aluminiumkasten bauen. Eine Stilisierung, die alles weit weg rückt von den Schweizer Bergen, wo das Stück spielt: Ein Diktator urlaubt mit seiner Frau, hat ein Auge auf eine andere geworfen und wird mit dem Tod bedroht.
Noch zu sehen auf der Szene: ein mächtiger Baum, der aber nicht zum „Diktator“ gehört. Er ist die Nachbildung der alten Kasberger Linde (einer Gerichts-Linde nahe Forchheim) und ist das dominierende Objekt in der Inszenierung von Ullmanns Kleist-Vertonung. Andreas Weirich erläutert, dass Ullmann, der den „Zerbrochenen Krug“ kurz vor seiner Deportation nach Theresienstadt komponierte, die Vorlage extrem komprimierte. Auch eine verkleinerte musikalische Fassung wurde fürs Cuvilliéstheater erstellt. Dass der Dirigent durch den Zuschauerraum in den Graben gelangt, erfuhr Carsten Januschke erstmals auf der Probe – und war etwas irritiert.
Nach dem Studium in Wien mit Repetitoren-Tätigkeit an der dortigen Staatsoper sammelte der Schleswig-Holsteiner Erfahrungen als Kapellmeister an der Frankfurter Oper. In München hat er schon zwei Häuser erobert: Im Prinzregententheater leitete er eine „Carmen“ der Theaterakademie, am Gärtnerplatz betreut er ‚Die Zirkusprinzessin“. Mit der unmittelbaren Aufeinanderfolge der zwei unterschiedlichen Opern von Krenek und Ullmann hat Januschke kein Problem: „Ich habe schon in Frankfurt zwei Musiksprachen an einem Abend lebendig gemacht, Purcells ‚Dido‘ und Bartóks ‚Blaubart‘. Das war ein noch größerer, stilistischer Sprung.“
Das Lebendig-Machenmüssen auch die jungen Sänger leisten, die in ihren Partien debütieren. Für Boris Prygl, seit September im Opernstudio, ist die Titelrolle des Diktators die erste Auseinandersetzung mit Krenek. „Als Tscheche habe ich mich natürlich schon mit Janáček und Martinů auseinandergesetzt, und ich höre bei Krenek, dass er tschechische Wurzeln hatte. Deshalb ist mir auch diese Musik nahe.“ Dem vom Bass zum Bariton „aufgestiegenen“ Sänger behagt nicht nur die komfortable Lage des „Diktators“, sondern überhaupt die Klangsprache des 20. Jahrhunderts. „So kann ich mich intensiv auf den Charakter konzentrieren.“
In ähnlicher Bass-Bariton-Lage ist auch der Hauptdarsteller im „Zerbrochenen Krug“, der Dorfrichter Adam angesiedelt. Milan Siljanov, Schweizer aus mazedonisch-persischem Elternhaus, gehört ab nächster Saison zum Münchner Ensemble. Er will zeigen, wie Adam – eine Amts- und Autoritätsperson – zur lächerlichen Figur wird. Eine Arie hat ihm Ullmann nicht gegönnt, aber viel wortreiches Parlando, mit dem sich der Richter in seinen Abstrusitäten verstrickt.
Aufführungen
am 13., 15., 25., 27., 29. April;
Karten: 089/ 2185-1920.