Böse Zungen behaupten ja gerne, dass das Musical im Grunde nur die späte Rache für den Niedergang der Operette sei. Dabei könnten die artverwandten Gattungen doch wunderbar voneinander profitieren, wenn beide Seiten sich nur mal von ihren Vorurteilen verabschieden würden. Einen Schritt in diese Richtung wagt derzeit die Theaterakademie August Everding, deren Musicalstudiengang bei der Operette wildern darf und im Silbersaal des Deutschen Theaters Offenbachs „Ba-Ta-Clan“ auf die Bühne stellt.
Mit der Handlung dieser „Chinoiserie Musicale“ müssen wir uns an dieser Stelle nicht lange aufhalten, das tut nämlich auch Regisseur Frieder Kranz nicht. Er streckt den ursprünglich kompakten Einakter stattdessen mit viel stückfremder Offenbach-Musik und viel Komponistenbiografie auf abendfüllende Länge, lässt dabei jedoch mehr erklären, als dass tatsächlich eine Geschichte erzählt oder das satirische Potenzial ausgeschöpft würde. Und so fühlt man sich oft eher in einer verkopften Vorlesung über den Mozart der Champs-Élysées, bei der den Darstellern zwischen permanentem Fächerwedeln nur wenig Raum bleibt, ihre Figuren zu entwickeln.
Nicht, dass es Offenbach selbst mit der historischen oder politischen Korrektheit so viel genauer genommen hätte. Das betrifft die Zeichnung des Reichs der Mitte und auch das dadaistische wie zungenbrecherische Fantasie-Chinesisch, mit dem das Darstellerquartett den Abend temporeich eröffnet.
Doch wirklich runden will sich der neue Zugriff eben nur bedingt. Im Gedächtnis bleiben eher humorvolle Details wie Julian Schiers spritzige Stepp-Einlage zum „Klein Zack“-Lied oder die Chansonier-Qualitäten von Chris W. Young, während Joanna Lissai mit leichter Soubretten-Stimme und schier endloser Lungenkapazität für die klassische Note sorgt.
Sie hat ihre Operetten-Feuertaufe ebenso bestanden wie Lean Fargel als planloser, aber deshalb nicht minder selbstbewusster Kaiser Fe-Ni-Han. Parallelen zu einem gewissen Se-Ho-Fer rein zufällig. Interessant wird es nun zu sehen, wie sich der neue Master-Jahrgang der Theaterakademie demnächst in seinem eigentlichen Fach schlagen wird. tobias Hell
Vorstellungen
bis 24. März;
Telefon 089/ 55 23 44 44.