„Ich hoffe, wir sind charmant“

von Redaktion

Zu ihrem 50. Geburtstag schenken die King’s Singers sich und den Fans eine Welttournee samt CD-Box

Seit 50 Jahren gibt es das legendäre britische Sextett The King’s Singers, das mit unverwechselbaren A-cappella-Interpretationen weltweit begeistert. Die klassisch geschulten Sänger wechseln, die Marke bleibt. Gerade ist zum 50. Geburtstag die CD-Box „Gold“ erschienen, die Musiker touren ein Jahr lang um den Globus und gastieren im Herbst 2018 in München. Bass Jonathan Howard und Tenor Julian Gregory sprechen hier über Last und Lust an der Institution King’s Singers.

-Wie wird man überhaupt einer der King’s Singers? Bewirbt man sich, wird man angesprochen?

Howard: Man bekommt einen Anruf, nachdem man empfohlen worden ist. Die Chorszene in England ist groß, aber man kennt sich. Immer wenn ein Mitglied das Ensemble verlassen will, hören wir uns um und lassen uns Tipps geben. Ich habe etwa Julian angerufen, dann gab es ein Vorsingen. Eigentlich ist es ein Mitsingen, man singt zusammen mit dem Rest.

-Hatten Sie mit dem Anruf gerechnet?

Howard: Ich hatte damals in einer Werbeagentur gearbeitet und nur in meiner Freizeit gesungen, deswegen war es überraschend. Und jetzt bin ich von Beruf Sänger. Einer der King’s Singer zu sein, ist ein Vollzeit-Job. Im nächsten Jahr geben wir über 150 Konzerte.

-Wie lange dauert es, sich in das besondere Klangbild einzufügen?

Gregory: Ein Leben lang. (Lacht.) Es ist harte Arbeit, diesen Klang beizubehalten.

Howard: Ich denke, das ist eine gesunde Entwicklung bei uns. Wir wollen diese Klangwolke mit diesem runden Ton. Aber wenn es sich jünger anhört, ist das keine schlechte Sache. Die King’s Singers sind im Moment auch ein sehr junges Ensemble. Wichtig ist, dass es wie aus einem Guss klingt.

-Singen ist etwas sehr Intimes. Wie sagt man jemandem, dass er etwas ändern muss, ohne ihn dabei zu verletzen?

Gregory: Man lernt, Ratschläge zu akzeptieren. In gewisser Hinsicht ist das die schwierigste Aufgabe bei uns: Um das beste Resultat zu erreichen, muss man seine Stimme ändern. Nur so erzielen wir unseren Klang. Wenn man dann gebeten wird, nach einer etwas anderen Farbe zu suchen, macht man das gerne, weil man weiß, dass es hilft, das Resultat zu verbessern.

-Das erfordert großes Vertrauen untereinander.

Howard: Und es funktioniert, weil immer die gleichen sechs Sänger zusammenarbeiten. Wir haben keine zweite Mannschaft oder Einwechselspieler, also verbringen wir viel Zeit miteinander, da wächst das Vertrauen. Deswegen ist das Prinzip der Berufung so wichtig. Wer neu dazukommt, muss zu uns passen.

-Wie einigen sich sechs Sänger mit unterschiedlichen Vorlieben auf ein Programm?

Howard: Wir wollen eine große Bandbreite abdecken, damit man nicht langweilig wird. Die Idee ist einfach, an einem Abend möglichst viele unterschiedliche Arten von Musik vorzustellen. Das können Renaissance sein, Kirchenlieder oder eben Pop. Dafür sind wir auch bekannt.

-Was passiert, wenn die anderen fünf ein Lied fürs Repertoire aussuchen, mit dem der Sechste nichts anfangen kann?

Howard: Dann singen wir es. Es sei denn, der Sechste hat einen besseren Vorschlag. Die Prozesse bei uns sind demokratisch, anders würde es nicht funktionieren. Wir verstehen uns als Team.

-Die Rezeptur, klassisch ausgebildete Sänger als Ensemble unterschiedlichste Musik interpretieren zu lassen, wurde oft kopiert. Aber nur die King’s Singers haben so lange überdauert. Wie kommt’s?

Howard: Ich vermute, es liegt am Gesamtpaket. An der Bandbreite des Programms, an der Lust, immer neue Musik zu entdecken, und am spezifischen zeitlosen Klangbild. Und ich hoffe, wir sind charmant in dem Sinne, dass wir einfach wir selber sind. Es gibt für all das keine Strategie. Wir sind einfach wir, damit kann das Publikum wohl etwas anfangen.

Gregory: Wir lassen ja unsere Vorlieben einfließen. Und es hat den Anschein, dass wir auf diese Weise etwas für jeden im Angebot haben, ohne dass es einen Masterplan dafür gäbe.

-Aber Sie passen das Programm an die Länder an, in denen Sie singen?

Howard: Ja. In Deutschland beispielsweise kann man ein etwas gewichtigeres Repertoire anbieten. Musik aus der Renaissance etwa wird hier immer sehr gut angenommen. In China wiederum hören die Menschen einfach viel Volkslieder und Popmusik. Und wir singen alles gerne.

-Woran erkennt man, dass ein Lied sich für die King’s Singers eignet?

Gregory: Reines Bauchgefühl.

Howard: Im Grunde gibt es da keine Grenzen, weil wir als Chor völlig offen für jede Art von Musik sind.

Gregory: Man muss es an unser Klangbild anpassen können, das ist das einzige Kriterium.

-Passiert es, dass Sie dann beim Proben merken: das wird doch nichts?

Gregory: Das passiert.

Howard: Meistens bei den Stücken, die wir selber komponiert haben.

Das Gespräch führte Zoran Gojic.

The King’s Singers:

„Gold“

(Signum).

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