Halmstad – Die Tischtennis-Weltmeisterschaft der Damen und Herren im schwedischen Halmstad ist seit einigen Tagen Geschichte. Während die deutschen Herren hinter China Vize-Weltmeister wurden, mussten sich die Damen nach dem Achtelfinale verabschieden. Die Veranstaltung selbst hat aber wohl Sportgeschichte geschrieben.
Katharina Michajlova, Bundesligaspielerin beim SV-DJK Kolbermoor, schildert Eindrücke, die derzeit noch recht ungewöhnlich sind, vielleicht aber in Zukunft Selbstverständlichkeit werden. Besonders angetan hatte es ihr dabei das Viertelfinale der Damen. Hier sollte es nämlich zum Aufeinandertreffen zwischen Nord- und Südkorea kommen. Nachdem es schon vor dieser WM zu Annäherungen der Präsidenten beider Länder kam und eine gewisse Entspannung festzustellen war, passierte auch in Schweden etwas Außergewöhnliches. Die beiden koreanischen Mannschaften traten nicht zum Wettkampf gegeneinander an, sondern kämpften als ein Team weiter!
Um dies möglich zu machen, wurden die Regeln der ITTF (International Table Tennis Federation) nach einer lange diskutierten Nacht kurzerhand geändert, damit die Spielerinnen am nächsten Tag nicht zu einem Duell gegeneinander antreten mussten, sondern im darauffolgenden Halbfinale gegen Japan ihre Kräfte bündeln konnten. Das Halbfinale ging aber mit 0:3 verloren und ein zweiter historischer Sieg wie bei der Weltmeisterschaft 1991, als beide Länder zum ersten und bis dahin einzigen Mal als Team zusammen antraten, konnte letztlich nicht wiederholt werden.
Michajlova sieht es als Glück an, dass es im Tischtennissport Strukturen gibt, die nicht so starr und politisch wie in anderen Sportarten sind. Die Kolbermoorer Spielerin ist auch der Überzeugung, dass es eine sehr kluge Entscheidung war, die Wettkampfregeln so kurzfristig zu ändern, was vom deutschen ITTF-Präsidenten Thomas Weikert mit „Ja, wir respektieren die Regeln. Aber das hier ist größer als die Regeln“ kommentiert wurde. Ob dieses vereinte Team nun ein Zeichen für den politischen Frieden zwischen Nord- und Südkorea, wo Tischtennis einen hohen Stellenwert darstellt, ist, oder ob es zunächst ein einmaliges Ereignis wie im Jahr 1991 bleibt, ist abzuwarten.
Beeindruckend sind auch die Eindrücke, die Michajlova im vergangenen Jahr sammelte, als sie bei der Universiade in Taiwan teilnahm. Hier traf sie zum ersten Mal Menschen und Sportler aus Nordkorea. Mit der Olympiadritten von 2016, Kim Song-i, machte sie ein Foto. „Dies war eine aufregende Situation, obwohl ich mir sonst nicht viel aus Fotos mit bekannten Menschen mache. Es war interessant zu beobachten, wie die Nordkoreaner sich verhielten, wie die nordkoreanischen Sportler unter ständiger Beobachtung standen und wie sie zum Beispiel reagierten, wenn man Bilder mit ihnen machen wollte“, erzählt sie. Die Kolbermoorerin schilderte auch eine Situation am Rande der Tischtennis-Viertelfinalspiele. Während fast die gesamte Halle die eigene Landsfrau unterstützte, saßen die Nord- und Südkoreanerinnen beieinander und feuerten gemeinsam die Nordkoreanerin an. Dazu wurde auch die südkoreanische Flagge für Nordkorea geschwungen. Das Ganze macht es noch skurriler, da am Nebentisch bei den Herren Nord- gegen Südkorea spielte und hier wiederum gegeneinander geklatscht wurde.eg