Die 27-jährige Mona Barthel ist eine der besten deutschen Tennisspielerinnen und wohnt seit Kurzem in Rosenheim. Seit eineinhalb Jahren wird sie vom Kolbermoorer Ex-Tennisprofi Christopher Kas trainiert und das sehr erfolgreich. Mona Barthel bewies 2017, warum es sich lohnt zu kämpfen und niemals aufzugeben. Nach langer Zwangspause schaffte sie in der Weltrangliste den Sprung von Platz 187 zurück auf Platz 47. Für jemanden, der vor Anfang 2016 „keine zehn Meter am Stück“ gehen konnte, eine phänomenale Leistung.
Doch damit will sich die 1,85 Meter große Norddeutsche, sie kommt aus Neumünster, nicht zufriedengeben – Mona Barthel (Abiturschnitt 1,9) will mehr wie sie im ausführlichen Interview mit den OVB-Heimatzeitungen sagte.
Sie sind seit kurzem Wahl-Rosenheimerin und haben sich eine kleine Wohnung im Zentrum gesucht. Warum das?
Das ist jetzt meine erste eigene Wohnung. Es hat sich einfach angeboten vom hohen Norden nach Rosenheim zu ziehen, weil mein Trainer Christopher Kas hier lebt und ich wollte auch nicht die ganze Zeit nur im Hotel wohnen, sondern auch mal was Eigenes haben. Da wo ich mich ein bisschen zu Hause fühle. Außerdem gefällt es mit hier in Rosenheim sehr gut.
Und es hat ja auch gleich ein außergewöhnliches Willkommensgeschenk bei der Anmeldung gegeben…
(lacht) Stimmt. Als ich mich bei der Stadt Rosenheim mit Zweitwohnsitz angemeldet habe, erhielt ich unter anderem zwei Eintrittskarten für das städtische Museum, eine Eintrittskarte für den Lokschuppen – und einen Deutschkurs.
Was sprach noch für Oberbayern?
Die Trainingsmöglichkeiten sind hier einfach optimal. Tennis spielen wir im Stützpunkt in Oberhaching und das Fitnesstraining mache ich im Mediana-Zentrum in Stephanskirchen.
Sie waren auch schon öfter bei den Rosenheimer Eishockeyspielen. Was gefällt Ihnen da besonders?
Als Sportlerin mag ich natürlich allgemein verschiedene Sportarten und Eishockey kannte ich vorher noch gar nicht so, weil es bei uns im Norden gar nicht so populär ist. Ich bin durch Kasi (Anm. d. Red.: Christopher Kas) dazu gekommen und hab jetzt auch schon einige NHL- Spiele gesehen. Ich hab letzte Saison auch Philipp Grubauer bei einem Spiel in Los Angeles getroffen, als ich ein Turnier in Indien Wells gespielt habe. Ich mag Eishockey, weil es so schnell ist und weil es ein so intensives Spiel ist. Live ist es natürlich noch viel besser als im Fernsehen. Was ich toll finde ist, dass man nur so kurze Zeit auf dem Eis ist und hier sofort Leistung bringen muss. Im Tennis kann man schon mal die erste halbe Stunde verschlafen und trotzdem noch gewinnen.
Training mit Starbulls-
Stürmer Baindl
Es gibt auch noch eine andere Verbindung zum Eishockey, weil Stürmer Michael Baindl auch mit Ihnen trainiert.
Richtig. Gerade jetzt in der Vorbereitung auf das neue Jahr koordinieren Michael Baindl und Hans-Peter Huber, beide vom Mediana-Zentrum, das Fitnesstraining. Der Trainer, die beiden Fitness-Coaches und ich, wir verstehen uns alle sehr gut und die Konstellation ist optimal. Alle bringen eine sensationelle Energie mit, wovon ich sehr profitieren kann.
Seit wann arbeiten Sie mit Christopher Kas zusammen und wie kam es dazu ?
Unsere Zusammenarbeit hat im Juni 2016 in Wimbledon begonnen. Es war die Zeit, nachdem ich vorher so lange krank war. Weil zu diesem Zeitpunkt nicht klar war, wann ich wieder zurückkomme, hat sich mein damaliger Trainer etwas Neues gesucht. Kasi war frei, ich habe ihn angerufen und ihn gefragt, ob er sich das vorstellen kann und so ist das ins Rollen gekommen.
Das erste halbe Jahr war ziemlich hart, weil ich mich körperlich eben noch nicht fit gefühlt habe. Das war für beide Seiten eine große Herausforderung, weil es eine schwierige Konstellation gewesen ist. Ich war drei Monate nur im Bett gelegen, habe fünf Monate kein Tennis gespielt und wir haben uns ja vorher noch nicht gekannt. Es war auch deshalb schwierig, weil ich auch nicht wusste, welche Krankheit es war. Da konnte keiner sagen ob es wieder kommt, welche Konsequenzen das alles hat und wenn man keine Diagnose hat, ist immer dieses Ungewisse im Kopf. Wenn man weiß man hat das Pfeiffersche Drüsenfieber dann kann man sich da drauf einstellen, aber keiner wusste was es war.
Weiß man jetzt schon woran sie erkrankt gewesen sind?
Nein. Ich weiß bis heute nicht, was es gewesen ist und das wird man wohl auch nicht mehr rausfinden. Jetzt ist es aber auch o.k.
2016 war ein schlimmes Jahr, vor allen Dingen gesundheitlich. 2017 ging es wieder aufwärts und zwar so weit, dass Sie im Januar bei den Australian open im Hauptfeld starten dürfen. Haben Sie nach ihrer rätselhafte Krankheit an so ein Comeback geglaubt?
Anfang des Jahres war ich in der Weltrangliste noch auf 187 und 2017 fing wirklich ganz gut an mit den Australian Open und dann auch mit dem Turniersieg in Prag. Das erste halbe Jahr war wirklich super. Aber dadurch, dass ich zu viele Quali-Spiele absolvieren musste, waren es unglaublich viele Matches, was natürlich an die Substanz ging. Aber insgesamt war es ein sehr positives Jahr, weil ich in der Weltrangliste auf 47 geklettert bin und endlich wieder gut Tennisspielen kann.
Beschreiben Sie mal ihren Coach Christopher Kas.
Was Kasi gegenüber anderen auszeichnet ist einfach die Energie, die er mitbringt. Er ist 100-prozentig dabei, unterstützt mich immer und egal was los ist – ich weiß, dass ich immer zu ihm kommen kann. Er will einfach immer das Beste für mich und dazu kommt natürlich seine Erfahrung als Tennis-spieler. Ich lerne unheimlich viel über Tennis, aber auch wahnsinnig viele andere Dinge von ihm. Ich freue mich auf jede Trainingseinheit. Das Training ist abwechslungsreich und so sollte es einfach sein. Ich stehe morgens auf und freue mich auf das Training.
Sie sind jetzt 27, was haben Sie für Ziele – als Tennisspielerin und als Privatperson?
Ich stand einmal auf Nummer 23 in der Welt und das will ich auf alle Fälle knacken. Ich will in die Top 20. Das habe ich mir jetzt mal grob als Ziel für nächstes Jahr gesetzt. Ich bin überzeugt, dass wenn man jeden Tag seine Arbeit zu 100 Prozent macht sich das früher oder später auch auszahlen wird. Es gibt nächstes Jahr sehr viele Chancen Turniere zu gewinnen. Im Moment will ich mich einfach voll auf Tennis konzentrieren und da noch einmal meine ganze Energie reinsetzen. Natürlich denke ich auch manchmal darüber nach, was nach der Karriere kommt. Was mich sehr interessiert ist Ernährungs- und Gesundheits-Beratung. Es ist unglaublich interessant, was man alles mit Ernährung machen kann.
„Wichtig ist die Konstanz über zehn, elf Monate“
Mona Barthel
Sie haben schon gegen die meisten Spielerinnen aus den Top Ten gewonnen. Wie weit sind die Besten der Welt weg?
Das ist relativ schwer zu sagen, weil das Damentennis momentan sehr eng zusammen ist. Auf der einen Seite sind die Spitzenspielerinnen nicht weit weg, auf der anderen Seite schon, weil die Konstanz den Unterschied macht. Jeder kann einen guten Tag haben, jeder kann jeden schlagen, aber entscheidend ist, dass du die Konstanz über die zehn, elf Monate bringst.
An welchen Moment, an welches Spiel Ihrer Tenniskarriere denken Sie am liebsten zurück?
Natürlich an alle Turniersiege, besonders an meinen ersten Erfolg. Das war in Australien und da habe ich erst Qualifikation gespielt und dann das Turnier gewonnen. Das war auch eins meiner ersten WTA Turniere. Und jetzt natürlich der Turniersieg in Prag nach alldem was ich erlebt habe. Das war schon ganz speziell. Aus der Qualifikation heraus habe ich jeden Tag ein Match gespielt und dann das Turnier gewonnen. Es war für mich ganz wichtig zu wissen, dass ich so viele Matches hintereinander spielen kann. Es waren acht Matches in acht Tagen.
Die Serie ging ja noch weiter.
Ja ich hatte insgesamt 13 Siege in Folge geschafft. Das passiert nicht einfach so und das hat mir auch gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. An was ich mich auch immer wieder gerne erinnere, sind die Matches gegen Asarenka, als sie die Nummer eins war. Das habe ich zweimal ganz knapp im dritten Satz verloren.
Kein Training, kein Turnier, was machen Sie in Ihrer Freizeit am liebsten?
Momentan richte ich die Wohnung ein und es macht mir sehr viel Spaß. Es ist doch mehr Arbeit, als ich gedacht habe. Momentan habe ich echt nicht viel Freizeit, weil wir oft auch schon um 8 Uhr trainieren und ich dann um 19 Uhr nach Hause komme. Da bin ich dann echt fertig.
„Gleicher Schläger und gleicher Rock wie Steffi Graf“
Mona Barthel
Stichwort Steffi Graf was hat sie mit ihrer Tenniskarriere zu tun?
Zum Tennis bin ich hauptsächlich durch meine Schwester und Eltern gekommen, weil die alle Tennis gespielt haben. Aber Steffi Graf hat natürlich schon eine ganz große Rolle gespielt. Ich seit in denken kann auf dem Tennisplatz und sobald ich laufen konnte, hatte ich einen Tennisschläger in der Hand und wollte selbst spielen. Es war die Zeit mit Steffi Graf und Boris Becker. Tennis war so groß in Deutschland. Ja, ich habe Steffi früher sehr geliebt. Ich hatte immer die gleichen Klamotten wie sie: Den Adidas-Rock mit den blauen Blumen gab’s nur noch in Damengröße XXL, aber meine Mutter hat mir daraus einen Wickelrock genäht. Ich hatte auch den gleichen Schläger – diesen weißen Wilson-Schläger mit ein bisschen rosa und blau. Wenn mich jemand gefragt hat, wie ich denn heiße, habe ich geantwortet: „Steffi“. Ich finde sie ist eine unglaubliche Sportlerin und sie ist trotz ihrer Erfolge immer bescheiden geblieben. Ich hab sie leider selbst noch nie getroffen. Aber das kann sich ja noch ändern.
Weihnachten steht vor der Tür: Wie ist der Plan für die Weihnachtsfeiertage?
Bis 23. Dezember bleibe ich hier und trainiere, dann fahre ich zu meinen Eltern und dort wird ganz traditionell Weihnachten gefeiert. Am 26. Dezember geht es schon wieder los in Richtung Neuseeland zum ersten Turnier.
Interview:
Hans-Jürgen Ziegler/Thomas Neumeier