Rosenheim – Zum ersten Mal trug Yasin Temel am Samstag im Landesliga-Heimspiel gegen den TuS Pfarrkirchen die Kapitänsbinde beim SB/DJK Rosenheim. Der 26-Jährige führte die Sportbund-Fußballer in Abwesenheit des etatmäßigen Spielführers Christoph Börtschök nicht nur zu einem wichtigen 3:0-Erfolg, sondern übte seine Vorbildfunktion in ganz besonderer Weise aus. In der 23. Minute hätte Temel den SBR in Führung schießen können, als er das leere Tor vor sich hatte, entschied sich aber dafür, den Ball ins Aus zu spielen. Der Grund: Unmittelbar davor waren Sportbund-Angreifer Michael Barthuber und Pfarrkirchens Torhüter David Gallauer zusammengeprallt und beide verletzt am Boden liegengeblieben.
Wie haben Sie die Szene empfunden?
Bei dem Zusammenprall hat es richtig gekracht und ich bin davon ausgegangen, dass wirklich etwas Schlimmeres vorgefallen ist. Klar hätte ich das Tor machen können, manche sagen sogar müssen, aber ich habe in dem Fall so entschieden, dass ich den Ball ins Aus spiele. Ich habe mir gedacht: „Das gehört sich jetzt nicht, dass ich den reinmache, denn da kann etwas Schlimmeres passiert sein.“ Fußball ist zwar viel, aber in dem Fall wäre es nicht fair gewesen, das Tor zu schießen, weil auch Spieler des Gegners zu spielen aufgehört hatten.
Wie war die Reaktion des Gegners?
Die waren sehr dankbar, vor allem nicht nur, als ich das Tor nicht gemacht habe, sondern auch nach dem Spiel. Obwohl sie 0:3 verloren haben, sind die Spieler und Funktionäre von Pfarrkirchen noch auf mich zugekommen und haben mir Respekt für diese Entscheidung gezollt. Im Endeffekt war es die richtige Entscheidung, denn im Leben kommt alles zurück.
Hatten Sie schon einmal eine derartige Entscheidung zu treffen oder so etwas schon miterlebt?
Eigentlich noch nicht, ich war das erste Mal in so einer Situation. Der Ball lag frei vor mir und ich hätte aus zehn Metern nur noch ins leere Tor einschieben müssen.
Bemerkenswert, denn es hieß 0:0 in einem Spiel, in dem es für beide Mannschaften darum ging, sich aus der Abstiegszone zu befreien.
Natürlich war ich dann schon froh, dass wir das Spiel 3:0 gewonnen haben. Das rundet das Ganze natürlich noch ab, vor allem, weil auch beide Spieler nach der Behandlung wieder weiterspielen konnten.
Hat bei Ihrer Entscheidung auch Ihre eigene Situation im Hinterkopf mitgespielt? Immerhin haben Sie auch eine lange verletzungsbedingte Auszeit nach einem Kreuzbandriss hinter sich.
Ja, auf jeden Fall. Ich hatte schon ein paar kleinere und leider auch größere Verletzungen und ich weiß, wie sich das in dem Moment und in dieser Aktion anfühlt. Vielleicht hat da auch eine innere Stimme entschieden, weil ich das ja auch selbst erlebt habe und deshalb mitfühlen kann.Interview: Neumeier