Rosenheim – Sturer Hund. Harter Knochen. Oder ist alles ganz anders? Martin Rütter tourt derzeit als Anwalt der Hunde durch Deutschland und hält ein humorvolles Plädoyer für die richtige Erziehung und den wichtigen Blick auf die Umstände, die zu negativem Verhalten führen würden. Die Anklagen bei seinem Halt in Rosenheim lauteten beispielsweise „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ alias das Frauchen, „Befehlsverweigerung„ oder „Betteln und Hausieren“. Das Publikum hatte nach jedem Fall dann die Entscheidung: Freispruch oder Tierheim.
Eine internationale Sprache, aber je
nach Rasse „Dialekte“
Dabei schafft es der Hundeprofi humorvolles Kabarett mit Wissenswertem gekonnt zu verbinden. Anschaulich macht er dabei Bewegungsabläufe von Zwei- und Vierbeinern nach. Unnachahmlich dabei der Basset, der sich in Gemütslage und Attitude wie „nach einem Joint und auf rosa Wolken schwebend“ benehmen würde.
Dass allein bei diesem Extrembeispiel Kommunikationsprobleme mit Schäferhund und Co. vorprogrammiert sind, ist verständlich. Es gibt eine gemeinsame Sprache – „international verständlich aber mit verschiedenen Dialekten je nach Rassen“.
Dass auch die Kommunikation zwischen Tier und Mensch möglichst einfach gestaltet werden soll, sei zwar jedem klar, aber oftmals schwieriger als man denkt. „,Komm‘ als Befehl ist nicht genau. Ja wohin denn fragt sich der Hund? Deshalb ist ein schlichtes ,Hier‘ besser“, so Rütter. Parallelen zu menschlichen Beziehungen blieben im Laufe des Abends nicht aus – insbesondere Männer wären ähnlich zu konditionieren. Wichtige Botschaft: Das Tier nicht vermenschlichen. Es sei sehr empathisch, aber würde allein durch Körpersprache sehr viel ausdrücken. „Hier gilt es hinzusehen und nicht aufs Smartphone“, mahnte der Experte an. Timing sei bei Hundeerziehung sehr wichtig und vor allem Einsatzbereitschaft. „Das Training kann wochenlang hart und anstrengend sein, aber es lohnt sich. Wer zu faul ist, braucht gar nicht erst anfangen“, legte Rütter klar. Die Philosophie der kleinen Schritte und Lernerfolge gelte. Wenn die Übung (mit Geschirr und Schleppleine) auf kleinem Raum gelänge, dann langsam das Revier vergrößern – von der Wohnung in den Garten, in die Einöde in der freien Natur und dann erst im Park.
Dass es aber gerade zwischen der Pubertät eines Hundes und der eines Kindes frappierende Ähnlichkeiten in der „Null-Bock“-Einstellung“ und der „Halligalli“-Mentalität gibt, stellt er einmalig darstellend klar.
Außerdem: Ein Hund kann, wenn er versucht, dem Lehrstoff zu entgehen, taktisch vorgehen. „Es gibt hier folgende Phasen: Psychoterror mit jammern und dann tiefe Depression, um weichzukochen. Hier muss man standhaft bleiben“, so Rütter ausdrücklich. Am liebsten polarisiert der Profi mit der Rivalität zwischen Katzen- und Pferdehaltern im Vergleich zu Hundebesitzern. Die Interaktion mit dem Publikum wird dabei zu einer eigenen Ebene. Sei es die Unterhaltung mit Zuschauern direkt, um einen pfeifenden Notausgang zu überbrücken oder die Abfrage nach Fehlern beziehungsweise Wiedererkennungswerten bei der nicht ganz erfolgreichen Hundeerziehung. Dass er selbst auch Fehler mache und emotional sei, macht Rütter umso glaubhafter.
Prüfer mit
Leberwurst „ausgetrickst“
Vor allem wenn es darum geht, ein in seinen Augen veraltetes und unrealistisches System zu – nun ja – umschiffen: Ein Fall war mehrfach durch die Hundeprüfung gefallen. Wegen ein und derselben Übung. „Die Aufgabe funktionierte prima, nur der Abstand war, wegen eines trödelnden Hundes zu groß. Der Trick deshalb: Leberwurst ans Cordhosenbein schmieren und schon klappte es. Prüfung bestanden. Aus zwei Metern Abstand wurden wenige Zentimeter“, so Rütter.
Die Preisfrage nach diesem Abend lautet nun: Wie viele Hosenbeine am Wochenende zum Training mit Leberwurst „beschmiert“ werden.