Gitarrensaiten und Gesichter glühen

von Redaktion

Virtuos bei den Bad Aiblinger Saitensprüngen: Mike Dawes und Tommy Emmanuel

Bad Aibling – Die Gäste im ausverkauften großen Kursaal durften sich im Jubiläumsjahr der „Saitensprünge“, dem Gitarrenfestival in Bad Aibling, auf gleich zwei hochkarätige Musiker freuen. Denn: mit dem Briten Mike Dawes und Tommy Emmanuel kredenzten ihnen die Veranstalter ein hochattraktives Doppelpaket, quasi ein „Mini-Guitarrissimo“.

Schräge Scherze
á la Monty Python

Den Beginn machte als „Special Guest“ und „One-Man-Band“ Mike Dawes und brachte das gut aufgelegte Publikum von Beginn an zum Lachen und Mitwirken. Mit einem unkonventionellen Programm mit vielen Überraschungen und schrägen Scherzen á la Monty Python in Kombination mit filigraner Technik und hoher Musikalität spielte sich der 30-jährige Brite in Ohren und Herzen der Gäste. Sowohl folkige Balladen wie aus seinem Album „Era“, als auch bluesrockige Stücke überzeugten.

Auf Rücken gelegt, Füße schlagen Takt

Den Vogel schoss Dawes ab, als er auf dem Rücken liegend spielte und die Füße im Takt aneinanderschlug. So stand er auch in Sachen Humor in der Tradition des „Ukulele Orchestra“, das ja ebenfalls die Lacher auf seiner Seite hatte.

Besonders bemerkenswert waren die technischen Finessen von Dawes und der geschickte Einsatz der „Loop Pedals“, von denen er angeblich den Kurs des britischen Pfunds und die Frisur von Boris Johnson steuerte, letztlich aber doch feine Klänge mithilfe abgespeicherter Rhythmuslinien hervorzauberte. So bleibt zu hoffen, dass er zurückkehrt in den Kurort mit „Thaimassagen, Badelandschaft und lauten Menschen“, wie er anerkennend kommentierte.

Liebling des Festivals
mittechnischerFinesse

Und dann Tommy Emmanuel: Der Australier ist seit vielen Jahren einer der absoluten Lieblinge des Festivals und musste unbedingt mit in das Jubiläumsprogramm. Mit einem nostalgischen Jazz-Standard spielte sich Emmanuel ein und demonstrierte im fliegenden Wechsel der Stile seine hochklassige Fingerpicking-Technik, in der er seinen Melodieläufen einen Bass zugrunde legt und sich zeitweilig noch perkussiv mit Schlägen auf den Gitarrenkorpus begleitet. Emmanuel ist in vielen Stilarten gleichzeitig zu Hause, er changierte kontrastreich von einem Blue-grass-Titel („Deep River Blue“) mühelos zum saitenglühenden Sintijazz im Stile Django Reinhardts und ließ eine wunderbare Eigenkomposition folgen („you don´t get one of those“), die er auf einem Album mit Mark Knopfler verewigt hat. Ein weiteres eigenes Stück stand stellvertretend für den internationalen Lebensstil von Tommy Emmanuel, der im Jahr über 200 Konzerte spielt: „Half way home“, mit einem Schuss Wehmut, aber umso mehr positiven Klangnuancen tröstet ihn mit der Vorstellung, von jedem Punkt der Erde aus gleich an einem seiner drei Wohnsitze zu sein. Immer wieder kam er einem roten Faden gleich auf Boogies und Rhythm-‘n‘- Blues-Stücke zurück und interpretierte mit Stimmeinsatz Johnny Cashs „Folsom Prison Blues“.

Trommelwirbel
mit Besen und Hand

Das Programm erfuhr mit einem Beatles-Medley eine weitere Steigerung und die Zuhörer genossen George Harrisons „While my guitar gently weeps“ in der Kurzversion von Tommy Emmanuel. Dieser zeigte sich jedoch nicht ausschließlich als Gitarrist, sondern auch als Schlagzeuger und trommelte zunächst mit Besen und Hand, dann mit beiden Händen auf der Gitarre und brachte den Saal mit seinen furiosen Trommelwirbeln zum Kochen.

Zum Abschluss und „Runterkommen“ nach den langen und temperamentvollen Passagen gab es den Klassiker „Georgia“ und stehende Ovationen für die beiden Saitenvirtuosen nach einem hochklassigen und hochunterhaltsamen Programm.

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