Rosenheim – Die Rosenheimerin Maria Schiefer ist – so darf man wohl sagen – ein Gesamtkunstwerk auf zwei Beinen: Schafwollspinnerin, Strickerin, Weberin, Modeentwerferin und -herstellerin, Raumgestalterin, Musikerin, Sängerin, Schauspielerin – und ihr eigenes Model: Im Straßenbild erkennt man sie an ihrer extravaganten Kleidung. Mal erscheint sie beduinenhaft wie eine Wüstenkönigin, dann wieder zeigt sie sich mit High Heels und im Leopardenmuster wie eine Pop-Ikone.
Sie hatte Auftritte im Fernsehen bei „Bios Bahnhof“, der Inntaler Bauernbühne und 1990 eine Ausstellung im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum in München. „Nebenher“ zog sie vier Kinder groß, die ihr bis jetzt fünf Enkel beschert haben.
Botschafterin für Kunst, Natur und Nachhaltigkeit
Im Juni hatte die in Übersee Gebürtige ihren 80. Geburtstag, den sie am vergangenen Freitag mit einer Ausstellung für rund 100 Freunde und am Sonntag für die Öffentlichkeit in ihrem Haus am Inndamm im größeren Rahmen feierte. Der Strom der Besucher riss nicht ab.
Mit Dr. Beate Burkl, die als Dritte Bürgermeisterin der Stadt die Grüße der Oberbürgermeisterin überbrachte, eint sie das Interesse an den vierbeinigen Wollproduzenten, denn Familie Burkl hat die bis auf vier Tiere fast ausgestorbenen heimischen Steinschafe gezüchtet, von denen es nun deutschlandweit wieder an die 1000 Exemplare gibt. Schiefer sei eine „Botschafterin von Natur und Nachhaltigkeit“, die diese mit Kunst und Gestaltung verbinde, betonte Burkl.
Die Wiener Philosophie-Professorin Dr. Elisabeth von Samsonow bot am Eröffnungsabend eine sehr persönliche Festrede auf „das Mädchen von 80 Jahren“. Die gebürtige Neu-
beurerin zeichnete – mehrfach von Zwischenapplaus unterbrochen – das pointierte Bild einer außerordentlichen Frau, die sowohl quirlig als auch nachdenklich, sowohl emanzipiert als auch familienbezogen – und unerschöpflich kreativ lebt.
Davon zeugte im Kellergeschoss des Hauses eine informativ und dekorativ arrangierte Ausstellung ihrer Modeschöpfungen. „Das Dirndl habe ich mit 19 Jahren gemacht – ich habe es letzte Woche mal wieder angezogen“, erklärte die „Schiefer-Maria“ stolz vor einem Exponat. Im größten Kellerraum hatte sie in Zusammenarbeit mit der Neubeurerin Sabine Poll-Plonus einen „Wald“ aus Totholz inszeniert, in denen weitere Schöpfungen aus Schafwolle und Leder hingen.
Sie weiß noch
nicht, was als Nächstes kommt
Der „Alpsolution“-Filmemacher Peter Weber bot in einer Original-Jurte ein zwölfminütiges Video, in der Schiefer in kurzen Szenen ihre Lebensphilosophie in ihrem Garten und in den fantasievoll gestalteten Wohnräumen skizzierte. Letztere durften auch besichtigt werden. Unterlegt war der Film mit Musik ihres jüngeren Sohnes, des Komponisten Benedikt Schiefer. Auch die beiden Töchter Kathrin, die als freischaffende Weberin in Rosenheim ein Atelier betreibt, und Donata, Designerin von Handtaschen und Accessoires, haben den kreativen Faden der Mutter aufgenommen und präsentierten unter einem Sonnensegel ihre Mode- und Design-Schöpfungen.
„Die Ausstellung ist die Abrundung meines Lebenswerks. Was ich jetzt anfange, weiß ich noch nicht“, schaute Maria Schiefer ein bisserl schelmisch in die Zukunft.