Aschau – Als Andachtsmusik für die Karfreitagsandacht als Auftragswerk für das spanische Bistum Cadiz von Joseph Haydn (1732-1809) komponiert, haben bis heute „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz“ nichts von ihrer Spiritualität und ihrer meditativen Kraft verloren. Ein genialer Einfall, dieses Werk am frisch restaurierten und wiederaufgebauten Heiligen Grab der Aschauer Pfarrkirche aufzuführen (wir berichteten), verdeutlichte es mit der reinen Instrumentalbesetzung aufs Wunderbarste den eindrücklich die Passion reflektierenden Charakter und lud dadurch zum andächtigen Innehalten vor dem Grab ein.
Den Moll-Klängen vorgeschaltet war das in Es-Dur frohlockende Trompetenkonzert von Haydn. Markus Riepertinger, Solotrompeter des Landestheaters Coburg und Mitglied des Grassauer Blechbläserensembles, ließ sein Instrument virtuos zu einer eigenständigen Stimme werden: zarter Ansatz, variantenreiche Verzierungen, lyrischer Klang und helle Fröhlichkeit kennzeichneten sein Spiel.
Das Es-Dur des Trompetenkonzerts nahm kühn die himmlische Sphäre vorweg, in die der zweite Satz der Sieben letzten Worte „Heute wirst du noch mit mir im Paradiese sein“ vom tristen c-moll zum verheißungsvollen Es-Dur umschwingt.
Dirigentin Bernadette Osterhammer und dem Ensemble Concertante gebührt hier höchste Anerkennung, interpretierten sie doch anmutig und berührend das Leiden Jesus am Kreuz. Die verbindenden Worte Pfarrers Paul Janßens zwischen den musikalischen Sätzen trugen ebenfalls dazu bei, sich auf die Worte der Heiligen Schrift einzulassen und andächtig still vor dem dreistufigen Grab mit Unterwelt, der irdischen mit der Ölbergszene und dem Himmel zu verharren.
Genau wie ein Kreuz sind auch die sieben Sonaten, umrahmt von einer Einleitung und dem finalen „Terremoto“ (Erdbeben), angeordnet, spricht doch Jesus im ersten, im vierten und siebten Satz exakt sieben Worte, in den anderen Sätzen kommt er mit weniger Worten an die unter dem Kreuz Versammelten aus.
Nach der majestätischen Einleitung ließen die ersten Geigen in Sonata I „Pater, pater, dimitte illis, quia nesciunt, quid faciunt (Vater, Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun)“ die Bitte um Vergebung auf eindrückliche Weise hören. Berückend schön dann vor allem die Sonate V „Sitio (Mich dürstet.)“, beinahe unerträglich schön war hier die Klangaura. Schwermütig dann das „Consummatum est (Es ist vollbracht)“, strahlend und voller Gottvertrauen Sonate VII „In manus tuas, Domine, commendo spiritum meum (In deine Hände, Herr, befehle ich meinen Geist.)“, ehe das Ensemble in erschütternden Klangfarben das Erdbeben, das gleichsam das Jüngste Gericht vorwegnimmt, lautmalerisch darbot.
Sauberst selbst in den höchsten Lagen, zarte Oboen- und Hörnerklänge als Abbild der Tristesse, der Empathie und der himmlischen Vorahnung, energische und manchmal auch überbordende Stimmenvielfalt zur Intensivierung der grausamen Szenerie am Kalvarienberg – das Ensemble Concertante malte die naturalistischen Klangeffekte durchdringend aus, Bernadette Osterhammer am Taktstock war fulminante Vorzeichnerin.
Fürwahr, eine eindrückliche und kontemplative Andacht vor dem Heiligen Grab, das hier seiner ursprünglichen Bedeutung als Theatrum sacrum mehr als gerecht wurde.