Mit tropfender Träne komponierte Klage

von Redaktion

Chorkreis St. Quirinus singt das „Stabat Mater“ von Karl Jenkins

Rosenheim – Über 600 Vertonungen des „Stabat Mater“ listet „The Ultimate Stabat-Mater-Site“ auf, von denen einige weltberühmt und vielaufgeführt sind. Seit der Uraufführung 2008 gehört die Vertonung des 1944 geborenen Karl Jenkins ebenfalls zu den vielaufgeführten. Der Chorkreis St. Quirinus hatte dieses Werk schon einmal 2013 in Rosenheim gesungen, diesmal gab’s eine Wiederholung in der fast vollen Rosenheimer Christkönigkirche: Der Chor und auch sein Chorleiter Michael Gartner mögen dieses Werk.

Tief emotional ist dieses mit tropfender Träne komponierte „Stabat Mater“ und zugleich hochgespannt, weltumgreifend und weltergreifend: Jenkins genügt der Text der mittelalterlichen Sequenz nicht, er mischt das „Ave verum“ mit hinein, einen Text seiner Ehefrau Carol Barratt und sogar etwas aus dem Gilgamesch-Epos, er lässt den Chor nicht nur lateinisch, sondern auch englisch, aramäisch, griechisch und hebräisch singen, kompositorisch lehnt er sich sowohl an Folklore- und Filmmusik als auch an barocke Formen an, das Schlagwerk ist so exotisch wie pompös, die Bläserbatterie imponierend: Puristische Kritiker mögen dies aufgeblasen und mischmaschartig nennen und in Kitsch-Nähe rücken: Dem Erfolg tut dies keinen Abbruch. Auch die Zuhörer in der Christkönigkirche hörten gebannt zu und jubelten am Ende.

Zwei Sängerinnen verlangt das Werk: Luitgard Hamberger machte ihren wohllautenden Alt ganz zart und rührend klagend, Rosalie Eberle sang mit Hilfe des Mikrofons den Part des verlangten „Ethnosoprans“ tief beeindruckend dramatisch und emphatisch, sie holte ihre hohe Stimme ganz aus der Tiefe des Brustraumes und legte so viel Emotion frei. Die Chöre sind meist homophon gehalten, immer im Klagegestus, ergreifend als Mädchenchor mit Schalmeienklängen, manchmal, wenn Jesu Kreuzigung beschworen wird, erschütternd als Choraufschrei, der von harten Bläser-Stakkati und Paukenschlägen begleitet wird, so die Hammerschläge illustrierend, die die Nägel in das Fleisch treiben. Der Chor sang alles höchst anteilnehmend, aber oft flächig im Klang, nicht so dezidiert und durchschlagskräftig – als ob die Andacht die Intensität schmälern würde. Durchschlagskräftig dagegen agierte das sehr gut besetzte Orchester mit Rainer Heilmann am Konzertmeisterpult: Blitzsaubere Blechbläserattacken, weiche Holzbläserklagen, samtene Streicherteppiche und ein akkurat donnerndes Schlagwerk akzentuierten die Dauerklage. Als Zugabe für den jubelnden Beifall wiederholte der Chor das „Ave verum“, des Chores – so sagte Michael Gartner – absolutes Lieblingsstück.

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