Zwei Heimspiele für Chris Gall

von Redaktion

Der Aiblinger Pianist stellte in Buchhandlung Librano seine CD „Room of Silence“ vor

Bad Aibling – „Wo die Sprache aufhört, fängt die Musik an“ – unter diesem Zitat von E.T.A. Hoffmann steht in der Buchhandlung Librano ein wunderschöner Flügel. Und an diesem Flügel gastierte der aus der Kurstadt stammende Jazzpianist Christian Gall an gleich zwei ausverkauften Abenden – mit im Gepäck hatte er seine neue CD „Room of Silence“. Chris Gall, der wie viele Jazzmusiker in immer neuen Formationen auftritt und der auch „Quadro Nuevo“ bei deren großen „Tango“-Projekt begleitete, setzt mit dem neuen Album einen Markstein für seine Karriere als Solopianist.

Nach einem kurzen, ruhigen Einstieg startete Gall eine lange Exkursion auf seiner Tastatur und stellte das Titelstück der neuen CD vor. Zunächst klassisch anmutend erwies sich Gall als geschickter Grenzgänger zwischen den Genres, deren Abgrenzung für virtuose Pianisten wie Michael Wollny oder Martin Tingvall eine immer geringere Rolle einnimmt. In dem vom Film „The Puppeteer“ inspirierten Stück steigerte Gall nach und nach die Intensität, auf der Basis vieler Wiederholungen variierte er das Grundthema in eine tragische Richtung, setzte sich selbst aber fröhliche Kontrapunkte. Sehr schön zart und melodisch geriet „Another Lovesong“, mit minimalistischem Intro. „Mosaik“ hingegen entwickelte sich als langes, von indischen Rhythmen inspiriertes Stück mit mathematischer Vorgeschichte, wie Chris Gall unterhaltsam und schmunzelnd erläuterte.

Die „Hymn to Freedom“, ein Standard von Oscar Peterson, könnte man sich durchaus mit einem Gospelchor vorstellen. Gall streute nun mehrere Fremdkompositionen in seinen Vortrag ein, so auch das zarte „Julia“ aus der Feder von John Lennon, das ursprünglich für Gitarre geschrieben war.

Chris Gall schaffte es nach der Pause Spannung und Intensität nochmals zu steigern. Mit einem wundervollen und dramatischen „Backstage Kadenz“, einem langen, dramatischen Klangwerk voller Auf- und Abwogen begeisterte er die Hörer ebenso wie mit dem „Empty Pale Blue Paper“, einer Art musikalischen Ameisenhaufen voller kribbeliger Energie und Bewegung.

Nostalgischere Töne gab es in den von Miles Davis inspirierten „Daydreams“. Doch Gall hatte eine weitere Überraschung parat. Absolut mitreißend und hocheuphorisch geriet „Thom Yorks Guitar“, eine Hommage an den Gitarristen der Band Radiohead, bei der einige im Publikum rhythmisch mitwippten.

In seinen charmant-humorigen Anmoderationen verriet Chris Gall noch von einem neuen Volksliederprojekt von „Quadro Nuevo“ und den Münchner Symphonikern. Unter dem Motto „Ich fahr dahin“, einem Volkslied aus dem 14. Jahrhundert, verabschiedete sich der Pianist nach einem hochklassigen, spannenden und stark umjubelten Konzert voller Originalität.

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