Auftakt für Schuchs Beethoven-Zyklus

von Redaktion

Der Pianist Herbert Schuch spielt am Freitag in Bad Aibling

Bad Aibling/Köln – Herbert Schuch, der 1979 in Rumänien geborene, aber in Rosenheim aufgewachsene Pianist, Träger des Kulturpreises der Stadt Rosenheim und ein weltweit gefragter Künstler mit innovativen Programmen, gibt am Freitag, 25. Januar, um 19.30 Uhr ein Konzert im Kursaal von Bad Aibling. Im Rahmen der Konzertreihe „Klassik! Bad Aibling“ spielt er vier Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven. Die OVB-Heimatzeitungen haben ihn im Vorfeld dazu befragt.

Lieber Herr Schuch, wobei stören wir Sie gerade?

Ich bin gerade am Üben zur Vorbereitung der Konzerte, die jetzt anstehen – im Grunde bei Beethoven.

Sie wohnen mit Ihrer Frau Gülru Ensari, die ebenfalls Pianistin ist, in Köln. Wie gefällt es
ihnen dort?

Die Stadt hat gewisse Vorteile, was das Reisen angeht, nicht nur wegen des Kölner Flughafens, der Düsseldorfer Flughafen ist sehr nah und der Frankfurter Flughafen ist auch gar nicht weit. Aber das ist nicht der entscheidende Grund. Es hat uns in Köln tatsächlich gut gefallen, aber ich bin ja auch durch Konzerte und durch familiäre Bande immer wieder gerne im sehr schönen Rosenheim. Ich finde den Menschenschlag hier sehr angenehm – und das Bier hier ist auch ordentlich (lacht). Wir haben hier einen schönen Freundeskreis und einen wunderbaren Konzertsaal, die Philharmonie. Man hat die Vorteile einer großen Stadt mit großem Kulturprogramm, auf der anderen Seite ist es eigentlich irgendwie noch ein Dorf geblieben und insofern auch durchaus heimelig.

Sie spielen in Bad Aibling vier Beethoven-Sonaten. Sind Beethoven-Sonaten schon immer in Ihrem Programm gewesen oder wenden Sie sich jetzt verstärkt Beethoven zu?

Ich wende mich jetzt tatsächlich verstärkt den Beethoven-Sonaten zu. Ich mache hier einen Zyklus, der leider nicht in der Rosenheimer Gegend vollständig aufgeführt wird: Ich mache alle Sonaten an acht Abenden, das ist so die klassische Aufteilung. Das Konzert in Bad Aibling ist der erste Abend dieses Zyklus‘, an dem ich die ersten drei Sonaten nebeneinanderstelle, weil es so eine schöne Trias ist. Das ist wohl von Beethoven auch so gemeint, sie sind so unterschiedlich in ihren Charakteren. Das ist ganz faszinierend, zu sehen, wie jemand in so jungen Jahren (Anmerkung des Interviewers: Beethoven war damals 25 Jahre alt) drei Sonaten hintereinander schreibt und es schafft, sie so toll voneinander abzugrenzen. Die „Appassionata“ spiele ich jetzt in dem Programm einerseits, weil es so ein bisschen die Verbindung zwischen den beiden f-Moll-Sonaten gibt, auf der anderen Seite, weil, wenn man die Sonaten zyklisch macht, es im hinteren Drittel eine so unglaubliche Massierung aller berühmten Sonaten gibt. Die „Appassionata“ ist ein altes Schülerstück, ich hab sie mit 16 gespielt – inwieweit ich es damals verstanden habe, kann ich nicht mehr sagen. Jetzt lag es lange und ich bin selber sehr gespannt, ob ich mich da wiederfinde.

Sie mischen in Ihren Klavierabenden ja gerne Werke verschiedener Komponisten ineinander und schaffen damit produktive Verwirrung: Werden Sie dies auch bei diesem Beethoven-Abend machen, also alle Sonaten durcheinandermischen?

Das hab ich nicht vor! Die Stücke stehen ja tatsächlich für sich. Das wird also ein ganz langweiliger, stereotyper Beethoven-Abend (lacht).

Sie spielen Solo-Abende, Duo-Programme mit Ihrer Frau, machen viel Kammermusik und spielen Klavierkonzerte mit Orchester: Was davon ist Ihnen am liebsten?

Oh je. Ich mach das ja alles, weil mir all dies Spaß macht. Für mich ist eine gewisse Durchmischung schön. Kammermusik ist einfach toll, wenn man Leute auf der Bühne hat, mit denen man auf einen gemeinsamen Nenner kommt und sich intuitiv versteht. Das ist was ganz Kostbares. Ich hab es sehr spät kennen und dann ganz fest lieben gelernt. Ein Solo-Abend ist eine ganz große Herausforderung, weil es niemanden gibt, auf den man Verantwortung abwälzen kann: Das ist eigentlich das Härteste, weil jede Entscheidung, die man trifft, sich auswirkt. Das gibt es eigentlich auch nur bei uns Pianisten. Im Idealfall spüre ich da das Publikum sehr stark.

Im April kommt Ihre neue CD mit der „musica ricercata“ von Györgi Ligeti und Beethovens „Bagatellen“. Das würde man jetzt nicht auf einer CD zusammen vermuten.

Die „musica ricercata“ sind im Grunde genommen ja auch Bagatellen, das ist Musik, die in der Knappheit der Aussage sich schon auch auf diese späten Beethoven-Werke bezieht. Beethoven hat am Schluss einfach so visionär komponiert, dass man seine Werke ganz problemlos zu einem Stück aus den 1950er-Jahren setzen kann. Ich hab auf dieser CD tatsächlich die elf Bagatellen op. 119 und die „musica ricercata“ abwechselnd eingespielt, da werde ich versuchen, möglichst viel der von Ihnen angesprochenen „produktiven Verwirrung“ zu stiften. Und schauen, wo ein spontaner Dialog über Jahrhunderte entsteht.

Was oder wen spielen Sie überhaupt am liebsten, wenn Sie so vor sich hinspielen? Wer ist Ihr absoluter Lieblingskomponist?

Ich spiele eigentlich nicht vor mich hin. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde wahrscheinlich eine Top-Five-Gruppe rauskommen. Letzten Endes sind das Bach, Mozart, Beethoven, Schubert – und da müsste ich überlegen, wen ich noch dazu nehme. Diese Entscheidung würde man ja nicht nur aufgrund der Schönheit der Musik machen, sondern auf Grund des Gefühls, dass man dieser Musik noch ganz viel schuldig ist. Alfred Brendel hat mir gesagt, nachdem er aufgehört hat zu spielen, dass er jetzt erst das Gefühl hat bei manchen langsamen Beethoven-Sätzen, dass er die jetzt richtig spielen kann. So leben wir Pianisten in einer Art glücklichen Verzweiflung mit dieser Musik.

Interview: Rainer W. Janka

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