„Keine große Grübelei und fetzige Musik“

von Redaktion

Interview Georg Hermansdorfer von der „Erlesenen Oper“ über sein neues Projekt

Rosenheim – Der Vorverkauf hat begonnen für die Oper „Treemonisha“ von Scott Joplin, die der Verein „Erlesene Oper“ am 16. und 24. Februar im Kultur- und Kongress-Zentrum aufführen wird. Georg Hermansdorfer, der schon viele vergessene Opern entdeckt, bearbeitet, inszeniert und dirigiert hat, wird auch diese Oper, deren Musik „zwischen Ragtime und Verdi anzusiedeln“ ist, inszenieren und dirigieren. Die ersten Proben dazu laufen schon, wir haben Georg Hermansdorfer dazu befragt.

Lieber Schorsch – ich darf Dich duzen, denn wir kennen uns von der Chorgemeinschaft Neubeuern her – seit einigen Jahren schon entreißt Du mit dem Verein „Erlesene Oper“ vergessene Opern dieser Vergessenheit. Nun kommt „Treemonisha“ von Scott Joplin. Wie kamst Du gerade auf diese Oper?

Ich habe die vor 21 Jahren schon einmal gemacht bei der Opernbühne Bad Aibling in Maxlrain, da waren wir in Europa die dritten, die jemals diese Oper aufgeführt haben. In Amerika hat kein Mensch diese Oper gekannt. Nächstes Jahr spielen wir ja mitten im Fasching, ich wollte eigentlich einen todtraurigen Sibelius machen, dann ist meine Frau auf die Idee gekommen und hat gesagt: Mach „Treemonisha“! Das passt für den Fasching: keine große Grübelei und fetzige Musik.

Kannst Du kurz die Handlung der Oper umreißen?

Monisha und ihr Mann Ned haben ein Findelkind, das erfährt es aber erst während der Handlung. Es spielt eigentlich auf einer Plantage, wir verlagern das in ein Fantasieland, die menschlichen Konflikte gibt’s ja überall. Den ersten Platz lasse ich auf einem Marktplatz spielen. Immer, wenn’s ans Arbeiten geht, passiert irgendwas, dann wird getanzt oder es kommt der Pfarrer und predigt, das ist fast ein stilisierter Gospel mit dem Pfarrer im Wechsel mit dem Chor. Dann möchte Treemonisha auch so einen schönen Kranz wie die Ballettmädchen haben, geht an den Baum und will ein Blatt pflücken. Da schreit die Mutter sie an: „Nicht von diesem Baum! Du nicht!“ Dann erzählt sie in einer wunderschönen Arie, wie sie einstmals Treemonisha unter diesem Baum als Findelkind gefunden hat. Diese Treemonisha ist die Einzige im Dorf, die Lesen und Schreiben gelernt hat, weil die Mutter so ehrgeizig war und wollte, dass es den Kindern einmal besser gehen soll. Auch Scott Joplin hat, nur weil seine Mutter so ehrgeizig war, Lesen und Schreiben gelernt. Seine Mutter war Putzfrau, und überall bei den Putzstellen, wo ein Klavier stand, hat er darauf gespielt. Dann wird Treemonisha entführt von Zodzetrick, einem Voodoo-Zauberer. Der zweite Akt spielt im Zauberwald bei diesen Voodoo-Priestern, die wollen Treemonisha quälen, da kommt ihr Geliebter Remus mit einer Teufelsmaske, die Voodoo-Priester fliehen und es gibt ein Liebes-Duett. Auf dem Heimweg kommen sie an einem Gaunerquartett vorbei, das ein Barbershop-Lied singt mit chromatisch-weichen Harmonien, dann ist Feierabend mit Tanz. Der dritte Akt bringt das Happy-End. Die beiden Entführer sollen gelyncht werden. Aber Treemonisha sagt, Gewalt kann nicht mit Gewalt ausgelöscht werden. Dann gibt es einen super Tanz am Schluss.

Auf dem Flyer steht: „Die Musik ist zwischen Verdi und Ragtime anzusiedeln.“ Was müssen wir uns darunter vorstellen?

Einmal gibt es eine wunderschöne Bass-Arie, mit Cello-Begleitung und Flöten in Dreiklängen: Das findet man bei Verdi. Scott Joplin hat Verdi-Elemente verwendet, es gibt eine Ouvertüre, Rezitative und Duette, wirklich eine Spielerei mit romantischen Traditionen. Dann gibt es absolute Ragtime-Elemente, vor allem die drei großen Chorstücke mit Synkopen. Das Tolle bei Scott Joplin: Er hat einfach ein Gefühl für Melodien. Deshalb: Ragtime und Verdi!

Scott Joplin ist den meisten aIs Komponist von Ragtimes bekannt. Ist das die einzige Oper von ihm?

Er hat eigentlich zwei Opern geschrieben, die erste, wirklich „Ragtime-Oper“ genannt, ist verschollen oder vielleicht hat er sie selber zerstört aus Frust, weil er als schwarzer Komponist nie ernstgenommen wurde. „Treemonisha“ hat er „Oper in drei Akten“ genannt, ohne Ragtime zu erwähnen. Das ist eigentlich die erste amerikanische Oper!

Warum sollte man diese Oper unbedingt anschauen?

Es ist eine mitreißende Musik, es ist gefühlvolle Musik, es ist ein Melodienreigen, es ist aber durch den Rhythmus etwas ganz Neues. Es ist vielleicht fast ein Musical, aber dazu ist es viel zu filigran ausgearbeitet, es ist musikalisch tiefgründiger.

Interview: Rainer W. Janka

Ab 16. Februar

Die Aufführungen sind am Samstag, 16. Februar, um 19.30 Uhr sowie am Sonntag, 24. Februar, um 16 Uhr im Rosenheimer Kuko. Karten gibt es im Ticket-Zentrum Kroiss Rosenheim, Telefon 08031/15001 sowie unter www.muenchenticket.de und an der Abendkasse.

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