Mulo Francel über das neue Projekt von „Quadro Nuevo“ mit der Philharmonie Salzburg
„Weihnachtslieder ein bisschen anders“
Rosenheim – Das Jazz-Quartett „Quadro Nuevo“ gastiert am Montag, 3. Dezember, um 19.30 Uhr im Kultur- und Kongresszentrum, zum ersten Mal mit Weihnachtsliedern und zum ersten Mal mit einem klassischen Orchester, der „Philharmonie Salzburg“. Alle Mitglieder von „Quadro Nuevo“ stammen aus dem Rosenheimer Umland; Mulo Francel (Saxofon, Klarinette), Andreas Hinterseher (Akkordeon), D. D. Lowka (Kontrabass und Schlagzeug) und Evelyn Huber (Harfe oder Salterio). Wir haben Mulo Francel zu diesem Weihnachtslieder-Projekt befragt.
Lieber Mulo Francel, Sie haben mit „Quadro Nuevo“ kürzlich eine „Goldene Schallplatte“ erhalten und den dritten „German Jazz Award“ für das anlässlich der Rosenheimer Pharao-Ausstellung umgesetzten Projekt „Flying Carpet.“
Wir kriegen jetzt zum ersten Mal in unserer Laufbahn die „Goldene Schallplatte“ verliehen für über 100 000 verkaufte CDs von „Moccaflor“. In unserem Bereich, zwischen Jazz und Weltmusik, ist das schon was Besonderes. Wir freuen uns über diese Auszeichnung sehr. Und die Zusammenarbeit mit den Ägyptern geht auch immer weiter, gerade sind wir wieder angefragt worden für ein Festival in Sharm el Sheikh.
Warum gibt es überhaupt Weihnachtslieder von „Quadro Nuevo“? Im Pressetext steht etwas von „tiefem Bedürfnis“.
Wir waren vor etwa elf Jahren in Rottweil, da gab es immer schon Munitionsfabriken, in denen im Dritten Reich Zwangsarbeiter arbeiten mussten. Das „Badhaus“, in dem sich diese Arbeiter einmal wöchentlich waschen durften, ist jetzt ein Kulturzentrum. Im Keller dieses Badhauses mussten wir uns umziehen, da waren noch die Duschen von damals und da stand merkwürdigerweise ein altes Klavier. Auf diesem Klavier lag ein Notenheft mit Weihnachtsliedern. Bis dahin haben wir nie musikalisch etwas mit Weihnachtsliedern zu tun gehabt. Wir haben das Notenheft aufgeschlagen, als erstes kam „Leise rieselt der Schnee“, als zweites „Oh Heiland, reiß die Himmel auf“. Dieser Text von Paul Gerhard ist ja ein Hilferuf, ein Schrei, ein Sehnen nach Licht, nach Verständnis, nach Wärme. An diesem etwas bedrohlichem Ort im Dunkeln bei Kerzenlicht hat der Andreas einfach zu spielen begonnen – und dann haben wir beschlossen: Wir machen Weihnachtslieder, genau solche, die ein bisschen anders sind, die einen tieferen Kern haben als: „Wir backen uns Lebkuchen“. Und das ist uns, seit zehn Jahren schon, zum Bedürfnis geworden.
Zu „Macht hoch die Tür“ hat Andreas Hinterseher eine dreiteilige Suite geschrieben. Was kann man sich darunter vorstellen?
Andreas ist ein bissl symphonischer rangegangen und hat eine reine Orchestereinleitung geschrieben für eine Flöte und Streicher, dann kommt ein Teil, in dem er das Thema so richtig ausführt mit Orchester und uns, und am Schluss kommt ein sehr rhythmischer Teil, der sich dann wieder von der Originalmelodie löst, das klingt so, als wenn die Heiligen Drei Könige auf ihren Kamelen angeritten kommen. „Macht hoch die Tür“ sehen wir ein bisschen programmatisch: Macht die Türen auf, es kommt was Neues, der Ursprung der Weihnacht ist ja, dass etwas Neues anbricht, der Heiland kommt, der uns Licht, Wärme und Friede bringt und zwischenmenschliches Verständnis. Wir sehen das so, dass sich viele Menschen einen Neuaufbruch wünschen: Wie gehen wir mit unserem Planeten um und mit den Gräben zwischen den Nationen?
„Quadro Nuevo“ spielt jetzt mit einem klassischen Symphonieorchester zusammen, der Philharmonie Salzburg. Wie kam denn der Kontakt zustande?
Wir haben schon seit mehreren Jahren mit verschiedenen Orchestern gespielt, unter anderem mit den Münchener Symphonikern und mit dem Münchener Rundfunkorchester. Wir fanden es interessant, dass eine Dirigentin auf uns zukam, eben von der jungen Philharmonie Salzburg, und gefragt hat, ob wir dieses Orchesterprojekt auch mit ihnen machen wollen. Und dann haben wir zwei Konzerte im Großen Festspielhaus gespielt, das hat uns wahnsinnigen Spaß gemacht, weil das eine ganz, ganz musikalische und spannende Dirigentin ist. Sie heißt Lisi Fuchs und ist mittlerweile unsere Lieblingsdirigentin. Ich finde es auch ein Zeichen, wenn jetzt eine Frau vorne steht. Das ist ein sehr junges Orchester, da sitzen sehr viele Musikstudenten drin aus Österreich, aber auch aus den angrenzenden slawischen Ländern. Das sind sehr gute, wendige und flexible Musiker. Was uns Spaß gemacht hat bei diesem Orchester, ist, dass die Musiker auch mal improvisieren.
Kommt der gewünschte Mischklang erst bei den Proben oder schon durch das Arrangement zustande?
Vorwiegend durch das Arrangement, meist von Andi Hinterseher und von mir. Aber wir haben uns für bestimmte Stücke auch immer Hilfe geholt bei richtig guten Orchestrierern. Die Grundideen haben wir schon im Kopf, auch was das Orchester für eine Funktion hat. Für „Winter Wonderland“ haben wir versucht, eine ganz eigene deutsche, fast winterlich-alpenländische Version zu machen, kammermusikalisch, aber trotzdem mit Orchester: nur die Holzbläser und ein Waldhorn. Das Wichtige ist, dass es ein Bindeglied gibt zwischen uns vagabundierenden, improvisierenden Musikern und dem weitverzweigten Orchester: Lisi Fuchs ist hier dieses ideale Bindeglied.
Bei den Weihnachtsliedern nehmen Sie auch den räumlichen Ursprung der Weihnachtsgeschichte in den Blick.
Das ist ja die Levante: Israel, Jordanien, Syrien, auch Ägypten. Da haben wir auch Musik gemacht, und von dort Töne, Rhythmen, Musikarten und Instrumente integriert in unser Spiel. Wir finden es spannend, Spielweisen aus diesen Gegenden zu kombinieren mit Weihnachtsmelodien. Da kommt Weihnachten ja her. Interview: Rainer W. Janka