Bad Endorf – Studenten der staatlichen Kunstakademie Tiflis, Georgien ließen beim Immling-Festival die Puppen tanzen. Auf dem Programm stand das Stück „Der Apfel“. Beginnend mit dem biblischen Sündenfall wurden schicksalhafte Begegnungen zwischen Mann und Frau dargestellt – immer mit fatalem Ausgang.
Der Pfaffenhofener Unternehmer und Künstler Claus Hipp hat seit 2001 eine ordentliche Professur für nichtgegenständliche Malerei in der Theater-Werkstatt der Staatlichen Kunstakademie Tiflis, Georgien. 2011 hat Hipp zusammen mit Kunstprofessor Giga Lapiashvili das Joseph-Hipp-Puppentheater gegründet, um die georgische Tradition des Stabpuppen-Theaters neu zu beleben.
Seitdem touren die Kunststudenten aus Tiflis regelmäßig durch die Lande und machen dabei auch immer wieder Station beim Festival von Gut Immling, heuer erstmals auf der neuen Amadeus-Bühne in Bad Endorf.
Angesichts der großen Sommerhitze verlangte der Auftritt den rund 20 Studenten einiges ab. Von Kopf bis Fuß völlig in Schwarz gekleidet, mit Handschuhen und Kopftuch, zwängten sie sich hinter der Puppenbühne auf kleinstem Raum zusammen. Die Verkleidung muss sein. Erst durch sie wird die Illusion perfekt: Die Puppenspieler werden bis auf ihre Gesichter praktisch „unsichtbar“. Hauptakteure sind klar die Puppen, liebevoll angefertigt von den Studenten selbst.
72 Stabpuppen kamen auf der Bühne zum Einsatz. Die Geschichte begann mit dem biblischen Sündenfall: Adam, der Eva nicht widerstehen kann und den verbotenen Apfel isst. In dem Stück „Der Apfel“ gewährt ihm Gott eine zweite Chance. Sieben Mal wird er wiedergeboren. Jedes Mal verfällt er wieder den Reizen einer Frau und löst damit eine Katastrophe aus. Jason und Medea, Cäsar und Kleopatra, Macbeth und Lady Macbeth, Napoleon und Josephine, Lenin und Rosa Luxemburg, Hitler und Marika Rökk sowie Putin und eine Dame von der Straße tanzen, flirten und schmachten auf der Bühne.
Um eine Stabpuppe zum Leben zu erwecken, bedarf es drei Puppenspieler. Man kann sich vorstellen, wie eng es auf der Bühne wird, wenn fünf oder sogar noch mehr Puppen gleichzeitig zum Einsatz kommen. Berührungsängste darf da niemand haben. Jeder Handgriff, jeder Schritt muss exakt sitzen.
Ein Blick weg von den Puppen hin zu den Studenten lohnte. Auf ihren Gesichtern spiegelte sich während des einstündigen Auftritts höchste Konzentration. Die Bewegungsabläufe waren so perfekt aufeinander abgestimmt, dass ihr Spiel mit den Stäben an ein Ballett erinnerte. Am Schluss gab es viel Applaus – für die Puppenspieler, aber auch für die Puppen. Denn wer ihnen längere Zeit zusieht, vergisst, dass es sich bei ihnen nur um ein Produkt aus menschlicher Fantasie, Kreativität und großem handwerklichen Können handelt.